Freitag, 20. Oktober 2017

Verschwunden

Besprüht, verrostet, missachtet

Kunst im öffentlichen Raum: Schaut sich das einer an?

Von Katrin Albinus



In den 50er und 60er-Jahren wird Kunst im Stadtraum eigentlich nur im Zusammenhang mit Bauvorhaben realisiert. Ein Prozent der Bausumme soll für Werke bildender Künstler genutzt werden. So entstehen Wandbilder und Skulpturen an Gebäuden, oder die Bronzene Frau im Garten des Wohnquartiers. Meist geht es um Verschönerung, oder um Gedenken, im sozialistischen Osten auch gerne um Erziehung.

Die Künstler, häufig "Landeskinder" aus der Region, werden durch die verantwortlichen Architekten ausgewählt, müssen sich deren Vorgaben anpassen.

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Andernorts geht man in den 70ern vor allem dazu über, Museumskunst auch draußen zu präsentieren - der Dekorationscharakter aber bleibt. Solche Arbeiten erhalten später den Namen: drop sculptures - wenn sie wie zufällig fallengelassene Skulpturen in der Stadt stehen, ohne Bezüge zu ihrer Umgebung, und ohne Reibungsflächen anzubieten.

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Das Neue an der Kunst im Stadtraum seit den 80er Jahren ist vor allem, dass sie vielgestaltiger, autonomer und kritischer auftritt, Debatten anstoßen darf und soll.

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In den 80er-Jahren muss es aber nicht immer nur Krachen - es entstehen auch kleine unscheinbare Arbeiten im Stadtraum - die gefunden werden wollen.

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In den 90er Jahren gibt die Kunst ihre provokante Haltung auf. Der Fall der Mauer, und damit das Ende der Ost-West-Polarisierung bringt für viele die Frage nach einer neuen nationalen Identität mit sich. Es kommt zu einer Rückbesinnung auf Geschichte, was sich unter anderem in einer Renaissance der Denkmalkultur niederschlägt.

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Die 90er Jahre bringen außer Fragen der Identität vor allem auch konkret wirtschaftliche mit sich: durch die Wiedervereinigung kommt es zu Neu- und Umverteilungen, Eigentumsfragen, Abriss und Neubauten. Es entstehen viele Firmengebäude, die auf den Vorplätzen gerne mit repräsentativer Kunst bestückt werden

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Für das neue Jahrtausend bleibt richtungsweisend, was sich Ende der 90er anbahnt: Kunst im öffentlichen Raum wird prozessual, es geht um "künstlerische Tätigkeiten im öffentlichen Raum". Die Künstler agieren dabei nicht selten als Dienstleister, indem sie etwa Vorträge, Demonstrationen, Stadtteilprojekte oder Interventionsstrategien im öffentlichen Raum mit organisieren. Die Kunst kommt mehr als temporäre, flüchtige Geste daher – ohne Anspruch auf ewige Haltbarkeit. Oft genug findet das eigentliche Werk – im Kopf statt.

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Prozessuale, sozial und politisch grundierte Arbeiten, das scheint derzeit der Trend zu sein, in der Kunst im öffentlichen Raum. Ein neuer Aspekt, der sich dabei in die Arbeiten mischt, ist laut Sophie Goltz das große Thema Migration.



* * * Aus dem Stadtbild von Senftenberg herausgerissen * * *

Siegfried Krepp "Sitzende Frau"
ehemals im Schlosspark

Jürgen von Woyski "Stehende", "Hockende"
ehemals vor dem Gebäude der Stadtwerke

Ernst Sauer "Badejungen"
ehemals vor der Schwimmhalle/ Erlebnisbad

Ernst Sauer "Brunnenplastik"
ehemals auf dem Neumarkt

Bilderquelle: https://commons.wikimedia.org