Donnerstag, 28. August 2014

Kunst ist Hobby - Kulturelle Bildung ist Ehrenamt ______________________?

Werter Blogleser,
es ist einer dieser Tage, an dem mich schon am Morgen die Frage überfällt: Was tue ich eigentlich? Drei Tage lang hast du gemeinsam mit den Ortschronisten Brieske-Marga die neue Begegnungsstätte in der Parkstraße 12 eingerichtet. Dabei sind wir bis an die Grenzen der physischen und psychischen Belastbarkeit gegangen. Trotz allem anschließend noch auf ein paar Erledigungen in Vorbereitung des Lyrikfestes ins NLZ. Es ist noch so Vieles zu bedenken. Die Plakate müssen gedruckt und ausgehängt werden. An Presse, Funk und auf die digitalen Plattformen müssen Ankündigungen gestellt werden. Die Autoren rufen an, haben noch Fragen, schicken ihre Honorarverträge zurück, die geordnet werden müssen. Letzte Absprachen mit dem Team des Kultur- und Freizeitzentrums Pegasus über Raumnutzung, technische Betreuung. Die Schulen melden Klassen für die Werkstattvormittage an. Der Programmablauf braucht den letzten Schliff. Heute wieder einmal viel zu wenig getrunken - das Wasser im Kocher hat vor Stunden gekocht, die Tasse mit dem trockenen Teebeutel steht daneben... Bei all dem komme ich überhaupt nicht zu einer Nachbereitung meiner Labyrinthperformance (an dieser Stelle herzlichen Dank an Susann, die für unseren Blog Fotos gemacht und einen Text verfasst hat). Am 9. September soll meine LandArt - Ausstellung im Umweltbildungszentrum eröffnet werden. "Du kannst doch die Bilder nehmen, die du schon für das Rathaus gedruckt und gerahmt hattest.", meint Wolfgang und meint es sicher gut aber als er meinen Blick sieht, weiß er, dass ich es mir nicht so "einfach" machen werde. Was tue ich eigentlich? Niemand hat uns den Auftrag für die Organisation und Durchführung der "Tage der LITERATUR" gegeben. Von niemandem bekamen wir die Weisung zum Aufbau einer Ortschronistengruppe und zur Beteiligung am "Tag des offenen Denkmals". Kann es denn wahr sein, dass es Menschen gibt, die das alles tun, weil es nur ein Hobby ist, weil sie sich durch dieses Ehrenamt ein bisschen Schulterklopfen holen wollen? Am Abend setzen wir uns völlig geschafft mit einem Schälchen Eis auf die Stufen der Hintertreppe - Feierabend? Weit gefehlt! Aber es gibt merkwürdige Blicke und auch der ein oder andere Kommentar bleibt nicht aus. "Ihr lasst es euch aber gut gehen." Das sagen die, die gerade ihre Arbeitsstunden abgeleistet haben, jetzt fahren sie nach Hause. Bei uns werden die ganze Nacht die unerledigten Aufgaben im Kopf ihre Runden drehen und am Morgen fragt man sich dann: Was tue ich eigentlich? Aber ich kann ja nicht einfach kündigen. Ich habe kein Arbeitsverhältnis. Es ist keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit, auf die mich das Jobcenter immer wieder drängt und - die Mitarbeiter, die Arbeitsberater haben ja Recht. Mir fällt das ehrenamtliche - also unbezahlte -  Engagement immer dann auf die Füße, wenn ich meinen "Oldtimer" starten will; wenn ich merke, dass bei Regen die Feuchtigkeit durch die Schuhe nicht abgehalten wird, sondern direkt durch die Löcher und Strümpfe auf die Haut geht. Da kommt man schon mal auf den Gedanken, dass alles was man tut, nicht viel wert sein kann. Die Abwärtsspirale für Fördermittel im Kunst- und Kulturbereich dreht sich stetig tiefer und tiefer. Der rote Stift liegt bei "kulturelle Bildung" immer sehr locker in der Hand. Es geht ja auch irgendwie. Immer gibt es Menschen, die trotz aller Schwierigkeiten, trotz Gegenwind, trotz Knebeln und Ketten Kunst machen und die Begeisterung fürs eigene künstlerische Tätigsein auf Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene und Senioren übertragen.
An so einem Morgen wie heute, kann man sich aber auch ganz früh aufs Fahrrad setzen und mit einer Runde um den See etwas Augustluft um den rotierenden Kopf wehen lassen. Auf dem Dorfanger von Großkoschen setze ich mich für ein paar Augenblicke auf die Bank unter einen Pflaumenbaum. Einige Schritte entfernt lockt mich ein roter Apfel zum Frühstück - welch ein Aroma! Die Schwalben umkreisen die Dachfirsten und lassen sich ab und zu nieder. Vielleicht planen sie schon ihre Reise in den Süden. Doch noch sind sie hier und ich auch. Wir gleiten ein paar Momente gemeinsam durch den Morgen. Vielleicht sollte man sich öfter mal mit Schwalben unterhalten.

Reisepläne schmieden
JA