Am Vorabend des 1. Mai werden in vielen Dörfern der Lausitz
traditionell Maibäume aufgestellt. Meist ist es ein etwa dreißig Meter langer
Stamm, der mit einer Birke gekrönt und mit bunten Bändern geschmückt ist. Die
ganze Nacht vom 30. April auf den 1. Mai muss der Baum bewacht werden, denn
sollte es jemandem gelingen, den Baum zu fällen, darf sieben Jahre lang kein
Maibaum aufgestellt werden. Was für Schmach und Schande! Nun kann man sich ja
behelfen, indem man bei Musik, Tanz und Bier die Nacht unter dem Baum
durchfeiert. Steht der Baum zur Morgendämmerung immer noch, ist es geschafft!
Jetzt können Frühling und Sommer kommen.
Die Birke ist weit verbreitet in der Lausitz. Sie ist
widerstandfähig und wächst sogar in Regenrinnen und Mauerritzen. Im Buch „Holz
in der Gartenstadt Marga“ vom verlag*wache wolfgang bezeugt ein Foto von Jens
Domann die Anpassungsfähigkeit dieses Baumes. Die Samen sind winzig und wo sie
einmal Halt gefunden haben, wächst ein Baum, der 30 Meter und höher werden
kann. Man könnte seitenlange Abhandlungen über die Verwendung der Blätter, der
Rinde etc. verfassen.
Mich beeindruckt ihre Bescheidenheit und die Eleganz ihrer
gesamten Erscheinung – nicht nur im Frühjahr und Frühsommer sondern auch wenn
die Zweige mit Raureif umhüllt sind oder sich das grüne Kleid in ein goldenes
verwandelt hat.
Als ich die Birke entdeckte, die auf dem Foto zu sehen ist,
dachte ich spontan: „… und trotzdem!“ Ich weiß nicht, ob es das Schattenspiel
auf dem Asphalt war oder das Schwingen ihrer zartgrünen Zweige – ich fahre so
oft an dieser Stelle vorbei und erst jetzt sah ich sie. Mir drängte sich der
Vergleich zu unserer kulturpädagogischen und künstlerischen Arbeit auf. Wir
wurzeln als Menschen, Künstler und Engagierte der kulturellen Bildung in einer
kunst- und kulturwidrigen Region. Manches fällt uns schwer (Antragstellung,
Abrechnungen), anderes wird uns schwer gemacht, scheint fast unmöglich zu sein … und trotzdem!
... und trotzdem! YA April 2014 |
YA