Donnerstag, 6. November 2014
Alexander Kiensch ~ Nachtgedanken
Nachtgedanken (Festival-Impressionen)
Da sitzt du dann also, auf der Erde, irgendwo auf dem Platz, der von Fressbuden und mobilen Toilettenhäuschen begrenzt wird. Du sitzt einfach da, redest mit deinen Kumpels, noch wichtiger aber, redest mit Leuten, die du im Alltag, in Bus und Bahn, auf dem Bürgersteig, im Supermarkt, nie angesprochen hättest, zu einer Uhrzeit, zu der du nie wach wärst, auf einem Boden, auf den du dich nie gesetzt hättest, ohne Decke, ohne Unterlage oder sonst was.
Du sitzt da, stützt dich mit den Armen ab, hast die Beine ausgestreckt. Du spürst den rauen Beton unter deinen Fingern, und siehst dich um, während du den anderen zuhörst. Überall auf dem Platz verteilen sich Gruppen, kleinere und größere, manche sitzen, manche stehen, manche tanzen. Manche haben sich ihre eigenen Liegestühle mitgebracht. Clevere Bürschchen.
Von irgendwoher kommt Musik. Das ganze Wochenende über kommt pausenlos von irgendwoher Musik. Manchmal fragst du dich, wer das eigentlich sein mag, der ständig dafür sorgt, dass hier Musik spielt. Aber meistens ist es dir egal. Meistens genießt du nur den Klang und tanzt und trinkst. Oder nutzt ihn als Hintergrundgeräusch, auf das du dich bei deinen Gesprächen betten kannst.
[…]
Auszug aus dem Text
* * * Präsentation von Alexander Kienschs Texten am 8. November 2014 um 16:00 Uhr im Großen Saal des Rathauses Senftenberg * * *
Foto "Haltestellen" JA