Mittwoch, 18. März 2015

In den Medien wird der Eindruck erweckt, dass es bei einer Buchmesse um Literatur und Autoren geht.



Nein, werter Blogleser, bei einer Buchmesse geht es um Geschäfte und Eitelkeiten.
Wir haben in früheren Jahren Stände ausgestattet und betreut, sind täglich zwischen NLZ und Leipzig gependelt, haben Aktionen am Stand durchgeführt und Lesungen auf den Bühnen vorbereitet und durchgeführt. Für einen gemeinnützigen Verein bzw. einen Kleinstverlag ist eine Teilnahme an der Buchmesse nicht aus eigenen Mitteln zu stemmen. In diesem Jahr waren wir nun als Besucher auf der Messe, ließen uns durch die Hallen treiben, schlenderten an der Antiquariatsmeile vorbei, legten ausgiebige Pausen ein und besuchten eine Lyrikveranstaltung, bei der junge Dichter vorgestellt wurden. Auffällig war, dass große Bereiche in den Hallen abgesperrt waren und nicht als Ausstellungsfläche genutzt wurden. Bei Lesungen am Rande unseres Weges blieben wir manchmal auf ein paar Augenblicke stehen. Uns begegnete der ein oder andere Autor, der bei unseren vergangenen Lyrikfesten zu Gast war. Um die Bühnen, die mit einigen bekannten Namen auf ihrer Gästeliste aufwarteten, herrscht manches Mal Gedränge. Geht es wirklich um die Worte, die gesprochen und gelesen werden oder ist es nur die Neugier der Besucher, den Autor einmal in natura zu sehen? Für weniger bekannte Autoren, die teilweise an den Verlagsständen lesen, ergibt es immerhin ein Foto, das man seinem eigenen Lebenslauf beifügen kann und die Aussage: „Ich habe auch schon auf der Leipziger Buchmesse gelesen!“ Zu bedeuten hat das alles am Ende wenig. Viele Kleinst- und Kleinverlage gibt es nur, weil sie sich vom Geld finanzieren, das der Autor für die Veröffentlichung seines Manuskripts bezahlt. Im Fernsehen und im Radio sind derweil Mitschnitte oder Übertragungen von Gesprächsrunden und Lesungen zu verfolgen, die den Anschein erwecken, dass es auf der Buchmesse um das geht, was Autoren, Verleger und auch der ein oder andere aus dem Publikum zu sagen haben. Dabei ist auch im großen Jahrmarktstreiben der Leipziger Buchmesse durchaus Interessantes und Überraschendes zu entdecken und in solchen Momenten kommt das Gefühl auf: Ja, hier geht es wirklich um das literarische Schreiben und um die oft prekäre Lage von Autoren. Die wird nämlich gerne mal vergessen, wenn ein Dichter, ein Schriftsteller nach wochenlangem eremitischen Dasein über weißen Blättern oder der Laptoptastatur sich in der Öffentlichkeit für jeden Gedanken und jedes Komma in „seinem“ Buch verantworten muss. Die Verlage stehen unter Erfolgsdruck und freuen sich, wenn eines ihrer Bücher zum Bestseller avanciert. Ein Bestseller ist aber eben nur (!) ein Buch, das sich bestens verkaufen lässt, weil es Texte eines Preisträgers enthält oder aktuelle politische und gesellschaftliche Fragen behandelt oder sich auch nur kurzweilig lesen lässt. Über die Literarizität sagt die Klassifizierung „Bestseller“ gar nichts aus. Vielleicht ist es aber auch dem Verlag nur bestens gelungen, ein umfassendes Marketing einzusetzen, um den potentiellen Käufern zu suggerieren: Das ist ein Buch, das man unbedingt gelesen haben muss… und sei es ein Kochbuch, das den momentanen Vegan-Trend bedient.
Bleibt also abschließend die Frage, wie zeitgemäß ist eine Buchmesse noch als Begegnungsort für Autoren, Verlage, Buchhändler und Leser? Werden hier noch literarische Karrieren gestartet und zukunftsweisende Kontakte geknüpft?

JA