Montag, 23. Juni 2025

Inspirieren lassen ~ "Sonne im Glutenkranz"

 


Erinnerung 24. Juni 2025
letzter Dienstag im Juni
4-Uhr-Treff
„Kreative Stunde vor Sonnenaufgang“


Die Flammen fauchen, das Holz knistert und spuckt, in den irdenen Bechern schimmert der Erdbeerlimes aus feldfrischen Früchten rotsamtig, leichte Fingerschläge bringen das Ziegenfell in uralten Rhythmen zum Vibrieren. Am Ende eines der längsten Tage des Jahres sinniere ich über die Ereignisse der vergangenen Monate. Wie leicht das Schweigen auszuhalten ist, wie sehr man sich darin verlieren kann, wenn es mit den richtigen Menschen ist. Wann saßen wir gemeinsam genau so an einem Feuer unter freiem Himmel? Gerade noch rief der Kuckuck und im nächsten Augenblick umschwirren uns die Sternschnuppen. Was wird das nächste halbe Jahr bringen? Wir befragen die Karten. Die Tage werden bis zum 21. Dezember kürzer und kürzer, zuerst kaum merklich, dann spürbar und schon ist er da der kürzeste Tag. Ich habe Geschenke und erhalte selbst welche. Ein großes, ganz besonderes steht noch aus – aber das weiß ich an diesem Abend noch nicht. Wieder ist es die Veränderung, die mir so vieles klar macht, die in diesem Jahr deutlicher denn je zutage tritt. Was bedeutungsvoll war, hat sich verabschiedet, ist geschrumpft, ist im Fortgehen kleiner und kleiner geworden oder ist es wie eine Pflanze eingegangen, um die ich mich nicht mehr kümmerte, ist verfallen wie ein Haus, in dem ich nicht mehr wohne, um das ich mich nicht mehr mühe? Es gibt so viele neue Pflanzen in meinem Leben – ganz real wie der Kirschbaum, den ich vor einigen Jahren setzte und der mich in diesem Frühjahr erstmalig mit den köstlichsten Früchten beschenkte, genug für mich, genug, um anderen zu schenken, eine Hand voll, ein Schälchen. Die Monarde, voriges Jahr eingesetzt, hat den Winter überstanden, sie blüht scharlachrot; auch der mehrjährige Rittersporn blüht – kornblumenblau. Die Erdbeerminze umschmeichelt mich mit ihrem Duft, jedes Mal, wenn ich an ihr vorübergehe. Ich habe ein Aprikosenbäumchen gepflanzt und einen Weinstock gesetzt – es gibt viele neue Pflanzen in meinem Garten und manche, die sich verabschiedet haben, die von Schnecken gefressen wurden oder dem Frost zum Opfer fielen, die einfach wieder Teil der Erde wurden. Ich erinnere mich an sie. Möglicherweise haben sie ihre Wurzeln in den Nachbargarten ausgetrieben, vielleicht sind ihre Samen irgendwo anders hingetrieben oder getragen worden... Eine schöne Vorstellung, dass die Samen meiner geliebten blauen Lupinen ein neues Zuhause finden konnten, dort wo die Schößlinge erkannt und belassen wurden.
Das Geschenk, das mir den Sonnenwendtag 2025 unvergesslich und einzigartig machen wird, ist ein Turm, ein geöffnetes Fenster, die abnehmende Mondsichel mit der Venus, samstagstille Straßen, das Orange der aufgehenden Sonne, die Morgenkühle, ein Text, zwei Schalen Milchkaffee, ein geteiltes Hörnchen.

Yana Arlt

Sonnenwende

Es hat die Sonne im Glutenkranz
Den höchsten Himmel erstiegen,
Die Auen im Tausendfarbenglanz
Und grünend die Berge liegen.

Hoch quillt die trunkene Erde jetzt
Von schaffendem Leben über;
Wär' ihrem Blühen kein Ziel gesetzt,
Sie täte noch Vieles drüber.


[…]

Johann Georg Fischer


Textquelle: mumag.de/Gedichte