Da liegt sie, im heutigen online-Posteingang, die Erinnerung an Heinz' Geburtstag. Warum hat das Datum noch keiner aus dem Geburtstagskalender gelöscht? Hätte ich selbst daran gedacht, auch ohne Erinnerung? Vom Margahof aus wäre ich in wenigen Schritten – am Kaufhausgebäude vorbei, über den Marktplatz, über die Hauptstraße, an der Kirche vorbei – auf dem Friedhof. Ich könnte mit ein paar Blumen zur Grünen Wiese gehen – dort irgendwo ist die Urne vergraben. Aber dann müsste ich vorher noch zu einem Supermarkt fahren, einen Blumenstrauß kaufen und dann ist es eigentlich nicht gern gesehen, dass an der Grünen Wiese Blumen und andere Dinge zur Erinnerung an eine/n Verstorbenen abgestellt werden. Wer soll das alles wieder wegräumen? Eine Grüne Wiese ist eben keine eigene Grabstelle, es geht ja darum, würdig gebettet zu sein ohne den Hinterbliebenen die Pflicht einer Grabstellenpflege aufzuerlegen – ob nun selbst betrieben oder beauftragt. Ich weiß also nicht einmal, wo genau Heinz ruht. Meine Überlegungen bleiben ergebnislos: wann starb er? Es will und will mir nicht einfallen. Das Sterbedatum steht nicht in der Erinnerung des Geburtstages dabei. Auch sind Sterbedaten selten in den Kalender eines E-Mail-Fachs eingetragen... es gibt ja auch keinen „Sterbekalender“. Eigentlich kannte ich Heinz nicht so gut, aber was muss man von einem Menschen wissen, um behaupten zu können: Den kenne ich. Die kenne ich gut. Er konnte anpacken, der Heinz, hat die schweren Schränke allein in den Räumen der Orstchronistenausstellung zurecht geschoben. Lange Debatten waren nicht sein Ding, er wollte machen. Manchmal schoss er da auch über das Ziel hinaus, wenn er machte, wie er es für richtig hielt, ohne es mit den anderen abzustimmen. Wenn er jemanden nicht leiden konnte, fand er auch die entsprechenden Worte. Wenn er jemand leiden konnte, wurde nicht viel geredet, man hat zusammen gearbeitet und gemeinsam getrunken - „So einfach sind die Fragen“, ist ein Zitat, das mir oft in den Sinn kommt. Ich höre manchmal Geschichten über ihn, wie er im Tagebau als junger kraftstrotzender Mann mit der Spitzhake über der Schulter loszog, Kollegialität, Loyalität und Geradlinigkeit waren ihm wichtig; höre Geschichten aus der Zeit, als er Ortsbürgermeister von Brieske war; höre Geschichten, als er als verlässlicher Partner Ferienlager mitorganisierte und Nachtwachen für die Sicherheit der Kinder schob. Er konnte großzügig sein. Er konnte stur sein. Er konnte auch nachtragend sein. Ich vermute, er hat Kämpfe ausgefochten, über die er nie ein Wort verlor. Heute hat Heinz Geburtstag, erinnert mich der Kalender des E-Mail-Postfachs. Vielleicht trinke ich heute Abend mal einen Whiskey auf dein Wohl, Heinz – wo auch immer du bist.
Yana Arlt
Bergmannleben,
Bergmannsfreuden -- oft gerühmt und oft besungen,
der nur kann
sie ganz verstehen, der die Keilhau selbst geschwungen,
der im
tiefen Schoß der Erde selber hat gepocht, gehämmert
dem dabei in
langen Jahren Kraft und Jugend sind verdämmert.
Und Jedwedem
will ich raten, der sie rühmend will besingen,
in die Tiefe soll
er steigen und die Keilhau soll er schwingen,
schaffen erst im
Dunst und Qualme bis ihm Hirn und Schläfen pochen,
bis die Not
den starken Körper und der Druck den Geist gebrochen.
Textquelle: minor-sailor
rechtes Bild: Heinz Zuther im roten T-Shirt