Mittwoch, 12. Februar 2020

aus der Anthologie "Ich schreibe!" 2019 / Malerei und Grafik, Geschichten und Gedichte junger Künstler und Autoren

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Maike

Bäumchen Träum’ mich schön

„Ich weiß nicht wie es hier früher aussah, doch wie es jetzt aussieht, weiß ich ganz genau. Die Lausitz hat sich verändert. Die Menschen, die Städte, die Seen und auch der Bergbau. Fangen wir mal bei den Menschen an. Sie sind alle sehr ehrgeizig und eitel geworden und wollen alle hier weg. Sie wollen alle nach Berlin, um in die Regierung einzusteigen. Die Menschen, die in der Regierung sitzen, wollen nur mehr Macht und streben große Ziele an. Um die kleinen Probleme kümmern sie sich nicht. Sie kümmern sich erst darum, wenn es zu einem Riesenproblem geworden ist. Die großen Städte haben sich auch verändert. Sie sind noch größer geworden wie z.B. Berlin hat keine 10 Millionen Einwohner wie vor einem Jahr, nein, es hat jetzt 13 Millionen Einwohner. Die Städte wachsen, zumindest die großen und die kleinen Städte und Dörfer schrumpfen. Die Seen, die die es einmal gab, werden nun als Müllhalden benutzt und sind total verdreckt. Die Braunkohleförderung gibt es hier in der Lausitz auch nicht mehr. Alles geht ein und wird von uns Monstern zerstört!“, antwortet mir die junge Frau, als ich sie gefragt hatte, wie sie es findet hier in der Lausitz zu leben und was sich verändert hat. „Sie haben recht, das stimmt alles was sie sagen aber sehen sie denn gar nichts Gutes?“, frage ich nun. „Nein, absolut nichts. Man sieht nur etwas Gutes in diesen Sachen, wenn man reich ist“, antwortet sie sofort. Ich schreibe mir schnell alles auf und bedanke mich und gehe. Ich drehe an meiner Uhr und stelle das richtige Datum ein. Ich höre das vertraute Summen und bin wieder in meiner Zeit und denke mir nur so: Wenn ich jetzt nichts tue, dann haben wir eine echt miserable Zukunft. Pinne das Aufgeschriebene an die Wand, wo meine anderen Befragungsbögen von anderen Zeitreisen hängen.


Diese Geschichte von Maike las unser Vereinsmitglied Susann Vogel zum Jahresauftakt am 31. Januar 2020 vor.