Mittwoch, 11. April 2018

systematische Geringschätzung kreativer Arbeit

Zahlen, bitte!
Niemand verhandelt schlechter als Kreative. Wo andere selbstverständlich kassieren, freuen sie sich über ein bisschen Ruhm. Kapitalisiert euch, fordert Sibylle Hamann.
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Die Schnorrer quatschen uns nicht am U-Bahn-Eingang an. Sie arbeiten in Verlagen, Theatern und Agenturen und beherrschen die Techniken des gepflegten Diskurses. Sie versprechen, man werde groß rauskommen ("Sie können mit einem starken Impact rechnen"). Sie locken mit Gratiswerbung ("Wir schreiben Ihren Namen groß aufs Plakat!"), mit Kontakten ("... eine einmalige Gelegenheit zum Networking"), mit Möglichkeiten zur Selbstvermarktung ("Sie können ja Ihre Bücher mitbringen und verkaufen") und – eventuell – mit lukrativen Folgeaufträgen ("Es wird sich sicher was Spannendes draus ergeben!").
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Zuerst einmal hat das mit der systematischen Geringschätzung kreativer Arbeit zu tun. Zwar bewundert die Gesellschaft Leute, die was mit Kunst oder Medien machen, aber sie nimmt sie nicht ernst. Wer seinen Neigungen folgt, steht schnell im Verdacht, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Schreiben, zeichnen, komponieren, basteln – das macht doch angeblich Spaß. Leute, denen das im Blut liegt, tun es ohnehin den ganzen Tag, die können gar nicht anders.
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Das Kapital der Kreativen, so lautet das Gesetz der Aufmerksamkeitsökonomie, ist nun mal die eigene Marke. Deren Wert kann man steigern, indem man möglichst häufig sichtbar ist, und irgendwann – so lautet das Versprechen – lässt sich der Bekanntheitsfaktor in lukrative Engagements umwandeln. Wir bezahlen dich nicht mit Geld, sondern mit Zugang zu einem großen Publikum
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Doch die meisten warten vergeblich auf anständig bezahlte Aufträge, selbst wenn sie hervorragende Kritiken bekommen, permanent ihre Websites aktualisieren und ständig in den sozialen Medien unterwegs sind.
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PS: Mir ist natürlich das Paradoxon bewusst, den Artikel auszugsweise wiederzugeben ohne Abonnent der Zeitung oder an der Honorarzahlung von Sibylle Hamann beteiligt zu sein ;-)
JA