Donnerstag, 2. Januar 2025

9. Türchen ins neue Jahr

 S E P T E M B E R

 

Jill Francis Käthlitz

 

Vom Kleinen Glück und der Kleinen Sorge ~ 1/3


Das neue Jahr ist noch jung. Und so, wie es Brauch ist am Beginn des neuen Jahres, wünschen sich die Leute bei jeder Gelegenheit viel Glück für das Neue, das kommt. Ja, Glückwünsche gehören natürlich in diese Zeit. „Aber vor allem sollten sich die Menschen wünschen, das Glück überhaupt erkennen zu können!“, flüstert ein sehr kleines Mädchen mit langen goldenen Haaren. Zu dieser kalten Jahreszeit ist sie barfuß und nur mit einem luftigen Kleidchen durch den Park unterwegs. Ihr Kleid ist weiß mit vielen grünen Punkten. Aber nein, das sind keine Punkte, das sind vierblättrige Kleebätter. Auch in ihrem Haar trägt sie ein vierblättriges Kleeblatt. Die Menschen gehen an ihr vorbei, ohne sie zu bemerken.

Diese Kleine ist nicht irgendein Mädchen. Sie ist das Kleine Glück. Und wer achtet schon in dieser herausfordernden Zeit voller Krisen und Sorgen auf das kleine Glück? Daher ist sie ratlos und ziellos unterwegs.

In Gedanken versunken schlendert sie um eine Ecke – und wäre beinahe mit einem anderen Mädchen zusammengestoßen! „He, pass doch auf!“, schreit die andere, beide zucken zurück. Das andere Mädchen hat ein ziemlich verdrießliches Gesicht, struppige schwarze (oder nur schmutzige?) Haare und trägt ein graues, zerschlissenes Kleid. Ansonsten ist sie genau so klein wie die Goldhaarige. „Ei, verflixt, du bist ja das Kleine Glück! Hättest du mich berührt, hätte ich mich aufgelöst, wäre verpufft!“, schimpft die im grauen Kleid.„Denn ich bin die Kleine Sorge – bleib bloß weg von mir!“

Oh, ver-verzeih“, stottert das Kleine Glück. „Aber ich bin mir nicht mal so sicher, ob tatsächlich du diejenige wärst, die sich aufgelöst hätte. Ich hätte vielmehr befürchtet, dass deine Berührung mich ausgelöscht hätte.“

[...]

 

 ~ JanA ~