Montag, 25. November 2024

Inspirieren lassen ~ Selbstbestimmung

 

Selbst·be·stim·mung
/Sélbstbestimmung/

Substantiv, feminin [die]
1a. Politik•Soziologie
[ohne Plural]
Unabhängigkeit des bzw. der Einzelnen von jeder Art der Fremdbestimmung (z. B. durch gesellschaftliche Zwänge, staatliche Gewalt)

1b. Philosophie
[ohne Plural]
Unabhängigkeit des Individuums von eigenen Trieben, Begierden u. Ä.

Ähnliche Wörter: 1. Eigenständigkeit, Eigenverantwortlichkeit, Emanzipation, Freiheit, Freizügigkeit

Textquelle: Oxford Languages


Wie deffinierst du „Eigenständigkeit“?
Was bedeutet für dich „Freiheit“?
Wie empfindest du „Eigenverantwortlichkeit“?
Warum hat „Emanzipation“ oft einen merkwürdigen Beigeschmack?
Wann beginnt bei dir „Freizügigkeit“?
Synonyme sind ähnliche Wörter... ähnlich! … hilfreich besonders für literarisch Schreibende. Lyriker nehmen sich sogar noch größere Freiheiten heraus und vermitteln die Bedeutung, die Schwingung eines Wortes durch Metaphern und Bilder, so dass das eigentliche Wort gar nicht in den Versen vorkommt.
Es kann passender für eine Erzählung oder einen Vortrag sein, das Wort „Autonomie“ statt „Selbstbetimmung“ zu verwenden. Im woxikon.de werden für „Selbstbestimmung“ in der Bedeutung von „Anarchie“ auch „Willkür, Misere, Misswirtschaft, Unordnung und Nachlässigkeit“ angeboten – so schnell kommt man von der Selbstbestimmung zur „Enthemmung“, zur „Diktatur“ und zum „Chaos“.
Wie verhält es sich aber mit der Selbstbestimmung über den eigenen Körper?
Wenn ein Mensch sich nicht als die Person empfindet, die in seiner Geburtsurkunde und im Pass steht? Wenn eine Frau ein Kind nicht austragen, gebären, großziehen will? Wenn ein Mann keine Vasektomie vornehmen lassen möchte? Wenn man sein Leben, seine physische Existenz beenden möchte? Wenn man sich gegen Impfungen entscheidet? Für Einiges, das unseren Körper betrifft, gibt es Gesetze, so z.B. den § 218 des Deutschen Strafgesetzbuches, der den Abbruch einer Schwangerschaft bis zur 12. Woche nur unter bestimmten Voraussetzungen und einen Abbruch nach der 14. Woche gar nicht mehr legal ermöglicht – wie wäre es, würde man nicht den Frauen die Abtreibung, sondern den Männern die Ejakulation verbieten? Anderes entscheiden wir selbst, sehr oft werden bestimmte Entscheidungen gesellschaftlich kommentiert. Es gab und gibt Gesellschaftsordnungen, in denen das lange Haar bei Männern für Kraft und einen gewissen sozialen Status steht, dann gab es Zeiten, in denen das kurz geschnittene Haar selbstverständlich war und als „ordentlich“ galt. In den 1960-er und 70-er Jahren begannen junge Männer in der DDR und der BRD wieder ihr Haar wachsen zu lassen, was auf Unverständnis bei der Elterngeneration stieß und zur Bezeichnung „Hippi“ führte und als Vorurteil noch mit Drogenmissbrauch, sexueller Freizügigkeit und Arbeitsscheu kombiniert wurde.
Der eigene Körper ist, trotz aller Wandlungen von der Zeugung bis zum Tod, die einzige Konstante in unserem Leben. Unser Körper kann viel aushalten und ist bis zu einem gewissen Grad anpassungsfähig – das bezeugen die Menschen der Wüstenvölker oder die Völker, die selbst in schneereichen, eisigen Regionen leben. Unverletzbar und unsterblich sind wir nicht. Gehen wir achtsam mit uns um und respektvoll mit unseren Nächsten.

Yana Arlt


Siebenmal mein Körper

Robert Gernhardt

Mein Körper ist ein schutzlos Ding,
wie gut, daß er mich hat.
Ich hülle ihn in Tuch und Garn
und mach ihn täglich satt.

Mein Körper hat es gut bei mir,
ich geb' ihm Brot und Wein.
Er kriegt von beidem nie genug,
und nachher muß er spein.

Mein Körper hält sich nicht an mich,
er tut, was ich nicht darf.
Ich wärme mich an Bild, Wort, Klang,
ihn machen Körper scharf.

Mein Körper macht nur, was er will,
macht Schmutz, Schweiß, Haar und Horn.
Ich wasche und beschneide ihn
von hinten und von vorn.

Mein Körper ist voll Unvernunft,
ist gierig, faul und geil.
Tagtäglich geht er mehr kaputt,
ich mach ihn wieder heil.

Mein Körper kennt nicht Maß noch Dank,
er tut mir manchmal weh.
Ich bring ihn trotzdem übern Berg
und fahr ihn an die See.

Mein Körper ist so unsozial.
Ich rede, er bleibt stumm.
Ich leb ein Leben lang für ihn.
Er bringt mich langsam um.