Dienstag, 21. April 2015

Mit besten Wünschen ~ für Benedikt Dyrlich



Sorbe, zweisprachiger Lyriker, DDR-Meister im Radfahren, Theologiestudent, Student der Theaterwissenschaft, Dramaturg, Regisseur, Leiter des sorbischen Kinder- und Jugendtheaters,  Landtagsabgeordneter, Chefredakteur, Vorsitzender des Sorbischen Künstlerbundes … das sind Angaben, die man in verschiedenen Beiträgen von und über Benedikt Dyrlich im Internet findet. Man arbeitet gern mit Titeln und konkreten Benennungen, um einen Menschen einordnen zu können, um sich über die Daten eines Lebenslaufs einer Person zu nähern, sie für sich fassbarer zu machen.
Doch gehen wir bei Benedikt Dyrlich doch einmal anders heran.
Was ihn von Kindheit an begleitet, ist das Sorbische. Sein Vater war sorbischer Kleinbauer, Tischler und Schnitzer, so die Angabe in einem Internetbeitrag. Mühelos wechselt er zwischen der deutschen und den slawischen Sprachen, wenn man ihn beim Eintreffen der Lyriker zur „Bautzner Poesienacht“ im Rahmen des Internationalen Festes der sorbischen Poesie erlebt. Wer sich mit dem slawischen und sorbischen Kulturgut beschäftigt, selbst zweisprachig Gedichte verfasst und bei Lesungen vorstellt, der ist nicht immer gern gesehen; der stößt mit dem Kopf manches mal an die niedrig aufgelegte Latte für Verständnis oder stößt sich die Zehen an der hohen Schwelle zwischen der eigenen Lebenswelt und der der anders Sprechenden/ Denkenden, der der Minderheiten. Die Lausitz ist eine der Regionen, die sich am heftigsten in den letzten anderthalb Jahrhunderten verändert hat. Die Braunkohle unter den slawisch besiedelten Landstrichen, unter den sorbischsprachigen Dörfern ist Fluch und Segen. Sie sorgt für eine intensive Einwanderung von „Glücksrittern“, sie bedingt das Aufreißen der Heimaterde nachdem Eichen, Kiefern, Erlen gerodet, Gehöfte abgetragen, Sümpfe trockengelegt und Flüsse umgeleitet wurden. Mit dem jahrhunderte alten Landschafts- und Sozialgefüge gehen auch Traditionen mithin kulturelle Wurzeln verloren. Benedikt Dyrlich ist einer, der das benennt und vor den Verlusten warnt, die nicht mit neugebauten Wohnsiedlungen und den Erhalt von Arbeitsplätzen im Bergbau wett zu machen sind.
In seiner Lyrik spiegelt sich seine tiefe Verbundenheit zum Sorbischen wider.

Lied für Mina Witkojc¹

Planvoll wütet
das Mail des Baggers.
Gefesselt am Hang
die Seele will schwinden.

Fragt sie verzagt:
War schon der Storch?
Raubbau und Einfalt
vertreiben die Jugend.

Die Lerchen singen
in Ecken den Jammer.
Der Katzen Schmerz
zerbröckelt in Hütten.

Im Wald der Spree
bettet sich still
Die Träne soll
Fröhlich rinnen.

¹ Mina Witkojc (1893 – 1975), herausragende Dichterin und Redakteurin in niedersorbischer Sprache. Unter den Nazis verfolgt wegen „tschechischer Agitation“ und „deutschfeindlicher Tätigkeit“.

Dieses Gedicht ist entnommen aus: „Schlafende Hunde II – Politische Lyrik“, Herausgegeben von Thomas Bachmann

Benedikt Dyrlich während des "Lyrikfest 2014" in Senftenberg, Foto: Steffen Rasche