Textquelle: jana.weinert.52
Foto: Jana Weinert ganz links, mit gelbem Schal,
las unter blühenden Kastanien.
Sie werden es wieder tun
Sie werden wieder durch die Gärten und
Höfe der Gartenstadt Marga streifen. Sie werden mit Klappstühlen
daherkommen. Mit einem Buch oder einer Mappe unter dem Arm. Werden
sich niederlassen, mitten der Gartenstadt - hier oder dort, an
wechselnden Plätzen - und werden es einfach tun: Lesen. Laut und
schön. Zuhören, still und versonnen.
Das NLZ lud dazu ein, Autor*innen und
Gäste. Und jetzt, am letzten Sonntag, dem 8. Mai, war es ja nur der
Anfang. Sie werden es im Sommer erneut wagen, werden jeden der sich
anschließt mitnehmen und ihn ganz dreist in die poetischen Bilder
hineinziehen, werden gemeinsam in Geschichten eintauchen. Und alles
drumherum wird sich magisch wandeln für diesen Moment.
Zum ersten Mal, am Sonntag, strich das
Grüppchen angestiftet von Jana Arlt und Wolfgang
Wache, fröhlich und leichtfüßig durch die Quartiere, immermal
stehen bleibend.
Wolfgang Wache weiß von Marga viel und
lebendig zu erzählen. Er hat einen Gedichtzyklus geschrieben, aus
dem er einzelne Passagen las, eine Liebeserklärung an den Ort, an
dessen Schönheit, an dessen Kargheiten und seine Gabe Nöte zu
überstehen. Schönheit reift in den Widersprüchen.
Jana Arlt machte unterwegs auf
Besonderheiten in der Architektur des Ortes aufmerksam.
Jede*r der Autor*innen hatte einen
eigenen Leseort. Ich durfte als erste lesen, zwischen den Giebeln der
Jugendstilhäuser, auf einer sonnigen Wiese, einem Wäscheplatz, wo
früher wahrscheinlich sogar Ziegen grasten. Jedenfalls wurde auch
allerhand Getier hier gehalten, zur Selbstversorgung. Das Leben hier
war rau und von der nahen Industrie geprägt. Es war zugleich reich
an menschlichen Begegnungen, reich an Reibung.
Ich las Texte, die dem Tag in seiner
Bedeutungsschwere einesteils gerecht werden sollten (Tag der
Befreiung und Muttertag) andererseits für die zarte Jetztzeit
miteinander öffnen würden. Dass es glückte, zeigten mir die
Reaktionen meiner Zuhörer, für dich ich noch jetzt dankbar bin.
Weiter ging es durch eine Straße, in
der der Rotdorn gerade seine Blüten zu öffnen begann. Der Flieder
schickte violette Duftwolken zu uns herüber. Obstgehölze trieben
die ersten Fruchtstände gen Licht.
In dieser Atmosphäre ist gut Zuhören
möglich. Es war ein stiller Sonntag. Je nach Wind tönte nur leis
hin und wieder Motorenes vom Lausitzring herüber. Ein sehr fernes
Sirren.
Bevor Lena
Inosemzewa las, kamen weitere Gäste kurzentschlossen vom
Gartentisch mit Korbstühlen herbei und setzten sich zu uns. Und
ließen sich von der Poesie berühren. Lena Inosemzewa las von einem
geliebten Garten, der abgegeben werden soll, und wie er aus ganz
unterschiedlichen Sichtweisen wahrgenommen wird. Geschichten ranken
sich um ihn und ziehen ihre Kreise bis hinaus ins ferne Kasachstan.
Sehr fein und berührend ihre Sprache und die verdichteten
Lebenserfahrungen.
Jana Arlt führte uns schließlich vor
der Jugendstilkirche Margas durch ein Labyrinth, das in eine
Traumlandschaft mündete, in der sich wiederum, wie im Labyrinth des
Minothaurus, eine furchterregende Wahrheit verbarg, die für die
Träumende kaum zu tragen wäre, hätte sie nicht ihren Traum.
Ganz am Schluss, unter dem
sternenförmigen Zelt auf dem Platz des Friedens, nahm uns Michael
Christopher mit auf eine Reise zu Herrn Faust, dem ewigen Studenten,
und in ein Sonnenstudio dessen genius loci zu schwarzhumorigen
Geschichten verführt.
Der Nachmittag endete bei Kaffee,
Kuchen und Gespräch.
Und wie eingangs versprochen, Anfang
Juli wird es sein, dann, werden sie in Brieske-Marga wieder durch die
Gärten ziehen, die Autor*innen, die Sonntagsgäste, die Neugierigen
und alle, die gern einen Sprung in poetische Welten wagen.
Danke den Akteuren des NLZ in
Brieske-Marga.
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