Donnerstag, 11. Januar 2018

~ die Welt aus den Angeln heben

Werter Blogleser,
du bist doch ein kluger Kopf  und machst dir so deine Gedanken zu dem was gegenwärtig und in der jüngeren Vergangenheit passiert(e) und welche Auswirkungen das auf die Zukunft hat. Sicher, da entwickeln sich eher Horrorszenarien vor dem inneren Auge... Oder gibt es Hoffnung?
"Menschen machen Kunst - Kunst macht Menschen", steht auf der Seite des "ku.bo".
"Kunst macht den Menschen zum Menschen", meint der Künstler Wilhelm Plogmann.
Und was hat Kunst/ Kultur mit Politik zu tun? Was hat Politik mit Kunst/ Kultur zu tun?
Können die beiden überhaupt miteinander?
Oder will der eine und der andere nicht?

"Die Kunst, kulturvoll Politik zu machen"

ist das ambitionierte Thema eines Januarempfangs, der heute in Senftenberg stattfindet.

Auch Wolfgang Wache wurde angefragt, ob er die Podiumsdiskussion mit seinen Erfahrungen und Ausführungen bereichern könnte. Naja, Begeisterung sieht anders aus, denn der 68 Jährige hat zu oft vor Gremien gestanden, hat um Verständnis, Unterstützung und Geld für Kunst, Kultur, Kulturelle Bildung gebettelt. Zeitgenossen aus der Branche haben schon längst die Segel gestrichen, haben sich jahrelang von (politischen) Versprechen zu Versprechen gehangelt, immer in der Hoffnung auf die in Aussicht gestellte Verbesserung für Kunstvereine, Künstler, Kulturpädagogen. Viele sind im Ruhestand und wollen von gesellschaftlicher Verantwortung nichts mehr wissen. Mit den Jahren wird man müde und viele nicht selten zynisch. Was wurde nicht alles für Papier vollgeschrieben. Was sind nicht alles für Vertröstungen und Beteuerungen formuliert worden. Die Frage bleibt nach Konferenzen, Podiumsdiskussionen, Arbeitskreis- und Fachgruppentreffen, Situationsanalysen etc. - wo ist der feste Punkt im All, der hilft, die Welt aus den Angeln zu heben. (nach dem Zitat von Archimedes)

Was können wir nun also für die Kunst und die Kultur tun - auch auf politischer Ebene?
Gern veröffentlichen wir deine Ideen und Vorschläge auf unserem Blog.
Es gibt ja nicht wenige, die der Meinung sind, dass die Künstler und Kulturpädagogen endlich aufhören sollen zu jammern - sie sollen eben einen gescheiten Job machen, mit dem sie Geld verdienen können und dann könne man die Kunst und Kultur gut in der Freizeit machen. Schließlich leben wir in der Marktwirtschaft und wonach der Markt nicht fragt, das sollte auch nicht produziert und finanziert werden.

* * * Kulti alias Wolfgang Wache ~ 1990 * * *

Wer quatscht denn hier von Kulturverlust? Wir lernen jetzt erst die richtige Kultur kennen. Gestern hatte ich das erste Mal einen richtigen Colt in der Hand.
Da ist man doch wer! Zur Abwechslung ziehe ich mir auch mal einen Porno ein …

Da gibt es doch tatsächlich noch einige Typen in Brieske, es mögen so um die 150 Leute sein, die haben sich zu einem Verein zusammengeschlossen. […] Die Spinner glauben doch immer noch, daß Menschen in ihrer Freizeit auch singen, tanzen, malen, zeichnen, töpfern, musizieren, fotografieren wollen. Für mich sind das alles Kultur-Zombis.
Und die Krone ist, daß sie […] weiterhin Freizeitkultur dieser Art anbieten wollen. Nun hört mir aber auf. Es reicht doch nun wirklich, wenn der Männerchor seit 80 Jahren, die Tanzgruppe seit 45 Jahren sowie die anderen Gruppen sich auch schon seit einigen Jahren in diesem Kulturhaus rumtreiben.

Da muß was anderes her. Wie schön sind dagegen die Werbeveranstaltungen. Kein Eintritt – sogar Kaffee, Bockwurst oder Kuchen gibt es umsonst. Deshalb finde ich es richtig, daß bereits im August 1990 diese 150 Spinner abblitzten, als sie mit ihren Vorschlägen für ein weiteres breites künstlerisches Freizeitangebot im Kulturhaus antrabten. Richtig fand ich auch, daß selbst die für die ins Wasser gefallenen Arbeiterfestspiele schon vorhandenen Mäuse dieser Art von Kultur ganz und gar entzogen wurden. Sicher wurden sie für viel wichtigere Dinge gebraucht, wofür, hätte ich schon ganz gerne gewußt.
[…]
Am besten, Sie meiden […] das Kulturhaus Brieske und diese kaputten Typen und ziehen sich wie ich ein Video ein.


Ihr Kulti, der echte
Lausitzer Rundschau, 1990

* * * Pressemitteilung vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg S. 1/2 ~ 1993 * * *

Dies gilt insbesondere in Hinsicht auf die notwendige Kommunalisierung der Kulturpolitik, die die gestaltbarste kommunale Selbstverwaltungsaufgabe ist. In diesem Entwicklungsprozeß sehe ich derzeit jedoch auch die größten Gefahren. Der Finanzierungsanteil an den Kosten für kulturelle Einrichtungen und Projekte, der durchschnittlich von den Kommunen geleistet wird, entspricht noch lange nicht der Bedeutung, die der Kultur für die Fortentwicklung der Gemeinde zukommt. [...]
Da diese Quelle im kommenden Jahr weitgehend versiegen wird - derzeit deuten alle Zeichen darauf hin - reißt der Bund eine Lücke in der Kulturfinanzierung, die nicht zu schließen sein wird.
[...]
Ich halte das Ziel eines zweiprozentigen Anteils der Kultur am Gesamthaushalt des Landes mittelfristig für realistisch und angemessen.