Ja, auch an den eigenen Geburtstagen
wird man überrascht und inspiriert und zuweilen enttäuscht und
gestresst. Aber es gibt ja auch noch die Geburtstage von Familie und
Freunden, von Menschen, die einem wichtig und teuer sind. Wenn diese
Menschen dann auch noch einen Wunsch äußern, dann setzt man Welten
in Bewegung, schlägt sich mit Machete und Moskitospray durch den
Dschungel, schießt Raketen in den Äther, um Planetenlaufbahnen zu
verändern, gräbt sich durch Büchergebirge und Bilderozeane, hält
Züge mit bloßer Willenskraft auf.... es geht, ja, es geht um: eine
Laterne. Es geht um einen Satz! Einen! „Ob ich so eine oder eine
ähnliche Laterne wohl zum Geburtstag bekomme, hmm.“ Ich kann euch
diese Whatsapp zeigen – hier, auf meinem mobilen Gerät,
eingegangen am Donnerstag. 3 Tage vor dem Geburtstag. Ich schau auf
meine „zu erledigen“ Liste, wenn ich da ein Häkchen setze,
kommen 2 weitere Stichpunkte hinzu... wie soll ich da noch Zeit
finden, eine individuelle Laterne zu gestalten. Aber... siehe oben –
auch wenn der Wunsch gar nicht direkt ausgesprochen wurde. Hm, ich
hatte ja eine Laterne für Michael Georg Bregel als
Geburtstagsgeschenk gestaltet und dafür seine eigenen Kunstwerke
genutzt, ich habe überhaupt bereits verschiedene thematische
Laternen gestaltet aber für dieses Geburtstagskind, was passt da?
Ich recherchiere, durchforste die Listen von bekannten, berühmten
Menschen, die das gleiche Geburtsdatum haben... ich erfahre viel über
ganz unterschiedliche Sportler, Wissenschaftler, Schauspieler,
Künstler etc. von den Malerinnen Doris Schnittger oder Elise
Kosegarten oder Ruth Parnitzke sind keine Werke im Internet zu
finden, dabei würde sich doch ein Bild, auf Transparentpapier
gedruckt und eingeklebt sehr gut machen. Ich stoße auf Lore
Feininger, die Tochter von Lyonel Feininger und versumpfe in ihrer
Biographie... aha Kunststudim... Erster Weltkrieg... Fotografie...
Zweiter Weltkrieg... und dann da: Werke der Portrait- und
Architekturfotografin... nein, diese Fotos hat ihr Halbbruder Andreas
Feininger gemacht... kein einziges Werk ist im Internet zu finden...
lediglich eine Portraitaufnahme der 28 Jährigen von Werner Rohde.
Ich bin frustriert! Es gibt Malerinnen, Fotografinnen –
Künstlerinnen, die ganz wunderbare Kunstwerke geschaffen haben, aber
es ist nirgendwo etwas von ihnen zu finden. Lediglich einige Sätze
über ihr Leben. Immerhin.
Ich gehe zurück zur Liste „Geboren“
und stoße auf Tycho Brahe. Den Namen kenne ich aus einem Roman über
Kepler von Rosemarie Schuder. Tycho Brahe – ein Astronom. Ganz
wunderbar für das Geburtstagskind, das sich für Astronomie
interessiert und unter dem Meteoritenstrom der Geminiden geboren
wurde. Dann noch Nostradamus – Apotheker, Arzt, Astrologe. Jetzt
nur nicht zu tief in diese Lebensläufe einsteigen, sich lösen von
den spannenden Angaben und Berichten. Ich will doch die Laterne
fertig bekommen. Also: entscheiden, ausdrucken, vorzeichnen,
zuschneiden... es dauert alles so schrecklich lange... aber es dauert
eben so (schrecklich) lange wie es dauert. Bald bin ich verschmolzen
mit dem blauen Karton, dem orangefarbenen und gelben Krepppapier, den
roten, grünen und blauen Transparentpapieren... Stunde um Stunde
vergeht... ich löse die geschnittenen Teile aus der einheitlichen
glatten blauen Fläche... Dieses Gefühl, wenn etwas konkret wird,
wenn eine Idee Gestalt annimmt... wenn Kalkulationen, Berechnungen
aufgehen und sich Einzelteile zueinanderfügen als wären sie
füreinander bestimmt. Was gerade noch als Papierrolle, als einzelnes
Blatt, als zweidimensionaler Werkstoff vor mir lag, wird mit jedem
Schnitt etwas Lebendiges, eine eigene Galaxie, ein eigenes Universum.
Dann der finale Schritt, das Zusammenkleben zu einem
dreidimensionalen Werk, die Beleuchtung mit einer Kerze...
Doch
an diesem Punkt bin ich noch längst nicht fertig. In meinem
Notatebuch stehen noch viele weitere Ideen für sehr individuelle
Laternen – zu Themen, die mich seit Jahren umtreiben und als
Geschenk z.B. zu Weihnachten...
Ich ziehe den hellgrünen Karton
auf die Schneidmatte, spitze den Bleistift, lege das Lineal an ~
Yana Arlt
TIPP: Vom 21. bis 24. Dezember sind verschiedene Laternen auf unserem Blog zu sehen.
Mary Lavater Slomann, geboren am 14. Dezember 1891
Auszug aus ihrem Roman „Annette von Droste-Hülshoff. Einsamkeit und Leidenschaft“
Und
in dieser Zeit, da alles aufgeregt glücklich ist, sinkt Annette
immer tiefer in eine krankhafte Schwermut; sie kann den Verlust von
Katharina nicht verschmerzen. Wie verloren treibt sie im Ansturm
ihrer Gefühle, Ideen und Wünsche dahin. Gefühle einer nie
gekannten Verlassenheit, Ideen zu Werken, die sie schaffen möchte,
sei es in der Musik, sei es in der Dichtkunst, Wünsche nach
Aussprache von Herz zu Herz, Wünsche nach einem Gefäß, in das sie
all ihre Unruhe, ihr Sehnen ergießen kann. Vorbei das Schlendern
durch das blühende Land mit der angebeteten Freundin, vorbei das
Träumen am Waldesrand oder auf einem Heidehügel; nun muß sie
Sonne, Mond und Sterne allein betrachten, ohne daß ihr und der
Gefährtin Verse über die Lippen drängen. Wenn Jenny abends mit ihr
vom Fenster das Wolkenspiel um die sinkende Sonne betrachtet, so legt
sie den Strickstrumpf nicht aus der Hand; Werner verhöhnt ihr
geduldiges Warten, bis der Mond zwischen den Eichen hindurchwandelt,
und Fente, der blasse, geliebte Knabe, ist so scheu, daß er in
verzauberten Momenten kein Wort über die Lippen bringt.
Annette
ist jung und überschwenglich; der Kummer um die verlorene
Freundschaft steht wie ein Berg vor ihren Augen und verdeckt ihr die
ganze Welt, und doch ist gerade jetzt nicht nur ihr Heimatland, nein,
ganz Europa von einem bösen Traum erwacht und rüstet sich, einen
neuen Tag zu beginnen.
Textquelle: literaturundkunst


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