Sonntag, 16. Mai 2021

Stefan Reschke "Der Mann mit Luftballons" / Yana Arlt "Das große Lalula" / Arnd Keller "verstanden werden" / Schaufenstergalerie "150. Geburtstag Christian Morgenstern"

~ STEFAN RESCHKE ~

Der Mann mit Luftballons

28.04.2021


Ich kaufte mir 20 Ballons
beim Mann in der Einkaufsfiliale.
Der packte sie mir in Kartons
und rief weiter: „Kauft Ideale!“


Ich hab’ das zunächst nicht verstanden.
Viel später erst konnt’ ich es seh’n,
denn viele Ballons, die verschwanden,
zu Haus zwischen meinen Kakteen.

 

 

 

 

~ YANA ARLT ~

Man hat diesem Gesang bisher viel zuviel untergelegt. Er verbirgt einfach (sic!) - ein Endspiel. Keiner, der Schachspieler ist, wird ihn je anders verstanden haben. mehr lesen

Yana Arlt
"Das große Lalula" / Installation / 2019

 

 

 

~ ARND KELLER ~

 

[…]

Also, mit der Sprache, mit dem verstanden werden, ist das so eine Sache.

Zuerst sind es ja einfach technische Dinge, um zu verstehen, verstanden zu werden. Akustisch alles in Ordnung, sind die Ohren geputzt, kann ich Worte klar und deutlich formen oder geht es in einem unverständlichen Nuscheln unter. Ist es die Sprache, die ich auch spreche oder wenigstens verstehe, in der ich mich heimisch fühle, also, wenn ich verstanden werden will, muß ich mich auch ausdrücken können, es beschreiben können, schön wäre es, ich hätte auch wirklich etwas zu sagen. Mit Menschen sprechen, die sich der sprache auch gut bedienen. Oftmals ist das Verstehen von mehr Erfolg, wenn man leise spricht, der Gegenüber zuhört und beide dazu gewillt sind, miteinander zu sprechen, sich nicht gegenseitig niederzubrüllen. Mitunter bedarf es auch keiner Worte, weil man sich so sehr vertraur ist durch langes gemeinsames Beieinandersein.

Zu DDR-Zeiten hat man oftmals ohne Worte gewußt, wo der andere Fremde dazugehört, man hat sich erkannt, geahnt wie der andere, gleich mir, versteht, leider hat man auch manchmal daneben gelegen.

Manchmal höre ich Menschen sprechen, in einer anderen Sprache, Dialekt und es ist gut so.

„Und die Leute reden eine Sprache, die ich nicht versteh … wie zauberhaft es ist, nur eine Melodie von Wort zu hören und den ganzen Quatsch, der dahintersteckt, nicht zu verstehen.“ Irmgard Keun „Gilgi – eine von uns“

Wird mein Haus immer enger, abgeschirmter, weil man immer mal Menschen nicht mehr versteht, ihren Argumenten nicht mehr folgen kann und will und auch sie einen schon von vornherein ausgrenzen?

Selbst die Person, die mich am besten verstehen müßte, also ich selbst, habe schon auch noch manche Nachfrage zu manchem Tun und Handeln.

Aber vielleicht ist Verstehen gar nicht das erstrebenswerte Ziel, ist Verstehen endpunkt, Stillstand, ist doch der ständige Diskurs der Weg? Mal so und mal so, verstanden werden, verstehen können, sich angekommen fühlen, geborgen, aufgehoben und geschützt ist schon ein starkes, warmes „daheim-Gefühl“.