Mittwoch, 28. Dezember 2022

Inspirieren lassen

 

„Kaum ein anderer bedeutender deutscher Künstler aus der Zeit um 1900 harrte länger einer grundlegenden Neubewertung als Oskar Zwintscher (1870 – 1916)“, beginnt die Erläuterung auf dem Faltblatt zur Ausstellung „Weltflucht und Moderne – Oskar Zwintscher in der Kunst um 1900“. Ich wandle durch die Räume des Albertinums in Dresden und ärgere mich ein bisschen über mich selbst: wie kann man zum Abendessen verabredet sein und denken, dass es genügt, 2 Stunden eher in der sächsischen Landeshauptstadt zu sein, um vorher noch (schnell) eine Kunstausstellung zu besuchen? Zwei Stunden genügen doch nicht, um einen Parkplatz zu finden, durch Menschenmassen den Weg zum Museum ausfindig zu machen und dann auch noch - mit Fahrtweg - pünktlich im Restaurant zu sein. Meine Erfahrung bei Museumsbesuchen ist, dass ich nach 2 Stunden fast gar nichts mehr an Informationen aufnehmen kann. Eigentlich müsste man eine Pause einlegen, einen Kaffee trinken, sich etwas unterhalten und dann den Rundgang fortsetzen. Ist es ungerecht und unangemessen den KünstlerInnen, den KuratorInnen, den SammlerInnen gegenüber, wenn man sich nur ein paar Minuten für ihre Arbeit nimmt? Wie aufwändig ist es, sich mit einem Thema, einem Motiv auseinander zu setzen, den Malgrund und die Farben vorzubereiten, um dann Pinselstrich für Pinselstrich ein Bild entstehen zu lassen. Wie mühselig sind die Recherchen zu Leben, Arbeiten und Werk eines Künstlers/ einer Künstlerin, die Aufarbeitung für die Ausstellungsbesucher, die Erstellung einer Konzeption, die Entwicklung von Begleitmaterial und der tatsächliche Aufbau der Ausstellung. Wie langwierig und kostspielig ist es, die Werke auszumachen und zu erwerben, sicher und sachgemäß zu deponieren. Ich zolle jedem meinen höchsten Respekt, der sich diesen Anforderungen stellt und auch die Zusammenarbeit koordiniert. Als Besucher habe ich lediglich die „Aufgabe“, mir eine Jacke anzuziehen, ins Museum, in die Ausstellung zu fahren, den Eintrittspreis zu entrichten und mir Zeit zu nehmen für das/die Kunstwerk/e. Das gilt für die Bildenden Künste ebenso wie für die darstellenden, die Literatur, die Musik ~ Nehmt euch Zeit! Ernst Ferstl meinte: „Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.“

Oskar Zwintscher ist nur 45 Jahre alt geworden, die Malerin Paula Modersohn Becker, von der es drei Werke in der Ausstellung „Weltflucht und Moderne“ gibt, starb bereits im Alter von 31 Jahren … Wie alt bist du? Auf welches Œvre schaust du? Wie viel Zeit bleibt dir?

Yana Arlt