Mittwoch, 3. März 2021

Stelldichein [...] zum Geschwätz

Immer wieder bemängeln die Marganer die Sitzbänke in der Gartenstadt - also sie bemängeln, dass es von ihnen zu wenige gibt. Vielleicht ist das aber auch ein Luxus der Neuzeit, dass man sich nach mehr Ruheorten sehnt. Sich setzen, auf eine Bank und sich an den rauschenden, schattenspendenden Bäumen erfreuen, den Rosen-, Sonnenblumen- und Dahlienblüten in den Gärten, dem Gesang der Amseln, dem Anblick eines filigranen Reliefs an der Hausfassade. Doch begeben wir uns gedanklich zurück in die Zeit, da von der Grube das Quietschen der Bagger zu hören war, aus der Fabrik das Staccato der Brikettpressen, aus den Ställen das Grunzen und Blöken der hungrigen Haustiere; zurück in die Zeit, da die Dächer und Sitzbänke bedeckt sind von Kohlenstaub und Taubendreck. Wer möchte sich da genießerisch hinsetzen, wer hat dazu die Zeit, wenn nach der Schicht das Vieh versorgt, der Acker bestellt, das Heu eingebracht und der Garten gepflegt werden muss. Zudem gab es mannigfaltige Vereine. An den wichtigsten Treff-Punkten gab es Bänke: vor der Schule und auf dem Weg von der Fabrik zum Gasthaus. Die Kreuzung Ringstraße und (heute) Franz-Mehring-Straße mussten die Männer mit den gefüllten Lohntüten passieren, wenn sie in die "Schwarze Stube" auf ein Bier vorbei schauen wollten - oder zwei oder drei... doch manches Mal kamen sie gar nicht bis zum Zapfhahn, denn auch ihre Frauen wussten, wann Zahltag ist ~
 

Auch wenn Wolfgang Wache erklärt, dass die Brikettfabrik
mit riesigen Hallen und großen Schornsteinen nur wenige
Meter von der Wohnsiedlung entfernt stand, kann sich das
heute kaum einer mehr vorstellen.
 




 

Kunstpleinair
Renate Hensel hat ihren Arbeitsplatz vor dem Schulgebäude
eingerichtet, Bernd Gleitsmann schaut ihr über die Schulter.

 

Kunstpleinair
Bernd Winkler arbeitet im Schatten der Baumallee vor der Schule.