Sonntag, 21. März 2021

Lyrik ~ / DER 11. APRIL 1954

Bernd Lunghard

 

Der 11. April 1954*

Der 11. April des genannten Jahres
war wirklich ein außergewöhnlicher Tag.
Warum wohl? Was glaubt ihr? – Brannte die Arktis?
Gab es ‘nen Meteoriteneinschlag?

Landeten UFOs des Nachts in der Wüste
und BILD berichtete exklusiv?
Wurde ein gelbgrüner Esel geboren,
obwohl hier noch gar kein Farbfernsehn lief?

Bebte vielleicht in Alaska die Erde?
Peitschte Eisregen über Feuerland?
Brach gar ein Krieg aus? Gab’s eine Krise?
Nein, nichts dergleichen wurde bekannt.

Rein gar nichts passierte an diesem Tage,
was aufhorchen ließe. Und deshalb – wen wundert‘s? –
gilt der 11. April besagten Jahres
als ödester Tag des vorigen Jahrhunderts.

Nachbemerkung:
Bedenk ich den heutigen Zustand der Welt,
mir dieser Tag ausnehmend gut gefällt –
keine Kriege, kein Terror … Weshalb ich sage:
Wir brauchten nur noch solcherlei Tage.



* Wissenschaftlich wasserdicht festgestellt ist jedenfalls, dass der 11. April vor genau 60 Jahren der langweiligste Tag seines Zeitalters war, der allerlangweiligste Tag des 20. Jahrhunderts. Damals nämlich, 1954, so stellte der britische Programmierer William Tunstall-Pedoe vor einiger Zeit fest, nachdem er 300 Millionen Fakten über Menschen, Orte und Ereignisse in eine Datenbank namens ‚True Knowledge‘ eingespeist hatte, geschahen am 11.4. gerade mal drei Dinge, die auch nur halbwegs von Belang waren: In Belgien wurde gewählt, ein türkischer Professor wurde geboren, ein Fußballer namens Jack Shufflebotham starb. Ansonsten: eine einzige Wüste der Ereignislosigkeit.“ (aus: FAZ vom 12.04.2014)