Es
ist zu wenig Platz! Der Lebenslauf muss auf eine A4-Seite passen. Das
gesamte Repertoir unseres Vereins „Ich schreibe!“ bringe ich in
einer 8-seitigen Broschüre unter. Auf das Plakat sollte nicht zu
viel Schrift eingefügt werden – besser ein Schlagwort, eine
Grafik/ ein Bild, Datum und Ort und Schluss! Ich stehe mit dem Pack
Blumenzwiebeln mitten im Garten und suche vergeblich noch freie
Plätzchen zwischen Thymian und Heidelbeere, neben Roseneibisch und
Pfingstrose. Die Bücher, die ich neu bestellt habe, kommen auf den
wackeligen Stapel vor das prall gefüllte Regal. Ich freue
mich so sehr über den wunderschönen Strauß zum Frauentag, aber
wohin damit? Die Einsendungen zur Ausschreibung SEE sind
überwältigend, aber ich habe für das Lyrikzin 7 nur ein begrenztes
Seitenkontingent zur Verfügung. Die gefüllten Notatebücher der
vergangenen 18 Jahre platzen aus allen Umschlägen und täglich kommt
ein neuer Text hinzu. Auf dem Planeten Erde leben aktuell 8,17
Milliarden Menschen. 10,6 Millionen Hunde werden in Deutschland als
Haustier gehalten, es gibt 2 Millionen Katzen, die als Streuner auf
der Straße leben. Die Frauenhäuser in Deutschland können einer
Studie zufolge an 303 Tagen im Jahr wegen Überlastung keine
gefährdeten Frauen mehr aufnehmen. Etwa ein Drittel der Tafeln in
Deutschland verfügen Aufnahmestopps bzw. setzen Bedürftige auf
Wartelisten. Die Kleiderspendencontainer quellen über. Der
Datenspeicher ist ausgereizt. Die Parkplatzsuche am Feierabend in der
Nähe der Wohnung ist aussichtslos.
Es ist zu wenig Platz!
Ich
möchte den Kopf mit all den Bildern von dir und ihr und ihm und euch
und uns wie einen Staubsaugerbeutel über dem Mülleimer
ausschütteln. Ich möchte all die Erinnerungen, durch die meine
Emotionen und Gefühle geronnen und getröpfelt sind, wie den nassen,
prallen Kaffeefilter aus der Maschine nehmen und wegwerfen.
Ich
möchte Platz schaffen! Vakanzen sehen! Leerräume genießen!
Yana Arlt
Leere
Ulrich Schaffer
Was du auch tust,
und
wie stark du dich auch sehnst,
nie wird ganz ausreichen, was du
hast.
An der Leere werden wir zu Träumern,
Entdeckern,
Liebenden und Hoffenden.
Wenn du dich aber für Bitterkeit
entscheidest,
dieses süße Gefühl, an der Welt zu leiden,
nicht wertgeschätzt und unverstanden zu sein,
dann schließt
sich die Tür in die Weite.
Dann richtest du dich ein in dem, was
du nicht hast,
und verpasst die Gabe der Sehnsucht:
die
geheimnisförmige Leere,
die sich mit mehr füllt,
als du dir
wünschen konntest.
Textquelle: www.aphorismen.de