Dienstag, 1. November 2022

Inspirieren lassen

Das Feuer knistert, die Suppe dampft, die Kerzenflammen flackern, die Ringelblumen duften … 31. Oktober! Wir rücken die Gartenstühle näher an die Feuerschale, der Schein der Flammen auf den Gesichtern schafft einen eigenen Raum, lässt uns das Gefühl haben, unsere Rücken sind wie ein Burgwall. Wir reden, scherzen, lachen, trommeln auf der Djembe, dann kommt doch hier und da eine Erinnerung hoch auf die Zunge und über die Lippen, der Blick verliert sich im Flammentanz … der verstorbene Vater, die zerbrochene Ehe, Trennungen, Enttäuschungen, Verluste … Die kurzen Tage in der Mitte des Herbstes mahnen uns an Vergänglichkeit, da können auch die sommerlichen Temperaturen nicht hinwegtäuschen. Schon kriecht die Nachtkühle und -feuchtigkeit durch den Jackenstoff. Wie wird der Winter werden? Werden wir uns im nächsten Jahr in dieser Runde wiedersehen? Auf der Tequilaflasche glitzert der farbenfrohe Totenkopf. Vergänglichkeit. Auch ich. Auch du. Auch der halbe Mond über dem Dach, im Dunst dahin gleitend. Auch dieser Abend. Auch diese Nacht. Manches liegt in unserer Macht – sich an diesem Feuer zu wärmen und an den Gesprächen, die Suppe zu genießen, das pan de muerto … sich von all den Dingen und Menschen einladen zu lassen, die unsere Freude am Leben stärken.


Heute bin ich auf Instagram auf „33 Fragen zum Kennenlernen“ von @tellyventure gestoßen – die hätte ich in der gestrigen Runde zur Hand haben sollen. Aber für gute Fragen ist es ja nie zu spät. Hier einmal 10 ausgewählte:

Wie würdest du dich einem Fremden in drei Worten beschreiben?
Was magst du an dem Ort, wo du lebst?
Was ist deine persönliche Definition von Glück?
Was würdest du gern einmal ausprobieren, aber hast dich bisher nicht getraut?
Auf welche drei Dinge bist du stolz?
Was magst du an deinen Freunden?
Was macht für dich eine gute Beziehung aus?
Wonach sehnst du dich?
Was wäre ein perfekter Tag für dich?
Wann hast du zuletzt etwas zum 1. Mal gemacht?


Eines meiner Lieblingsgedichte ist „Was schlimm ist“ von Gottfried Benn. Fast scheinen diese Verse Antworten auf einige der „33 Fragen zum Kennenlernen“ zu sein:

Wenn man kein Englisch kann,
von einem guten englischen Kriminalroman zu hören,
der nicht ins Deutsche übersetzt ist.

Bei Hitze ein Bier sehn,
das man nicht bezahlen kann.

Einen neuen Gedanken haben,
den man nicht in einen Hölderlinvers einwickeln kann,
wie es die Professoren tun.

Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören
und sich sagen, daß sie das immer tun.

Sehr schlimm: eingeladen sein,
wenn zu Hause die Räume stiller,
der Café besser
und keine Unterhaltung nötig ist.

Am schlimmsten:
nicht im Sommer sterben,
wenn alles hell ist
und die Erde für Spaten leicht.

 

Textquelle: deutschelyrik

  

Yana Arlt