Mit einem Schreibenden auf ein Konzert eines deutschsprachigen Sängers zu gehen, kann eine Herausforderung sein. Über die musikalische Qualität wird nicht geurteilt, auch nicht über die Gesangsstimme(n) und nicht über die Bühnenperformance – die Ohren sind weit geöffnet für die Texte! Themen und Formulierungen, Neuschöpfungen und Wiederholungen... alles wird überprüft. Sind die Fragen über die Jahre belangloser geworden? Sind die Betrachtungen kleinlicher und die Sujets allgemeiner geworden? Ich komme mit einem anderen Schreibenden ins Gespräch, will sein Urteil über den, der da auf der Bühne steht, nicht wahrhaben. Also gut, ja, auch ich habe mich in den vergangenen Jahren nicht wirklich für den künstlerischen Werdegang und die Werke interessiert, ich hatte mich von diesem Künstler und seinem Schaffen entfernt, bin eigene Wege gegangen. Vielleicht bin ich literarisch kritischer geworden, möglicherweise auch anspruchsvoller. Ich möchte dem Künstler eine Chance geben, besuche das Konzert, das wenige Schritte von dem Ort stattfindet, an dem ich ihm und seinen Liedern vor 14 Jahren zum ersten Mal begegnete. Damals hatte die Band gerade ihr erstes Album herausgebracht und ich tat etwas, das ich selten tue, ich kaufte glattweg diese CD, nachdem die letzten Töne des Konzerts auf dem Marktplatz verklungen waren. Ich kenne die beiden 2019 und 2022 veröffentlichten Alben nicht. Meine Erwartung an diesem Abend ist hoch – das kann ja nicht gut gehen! Was hat mich vor knappen anderthalb Jahrzehnten an dieser Musik begeistert? Spielte über die Jahre auch das mit anderen zelebrierte Konzerterlebnis eine Rolle? Ich erinnere mich an eine Fahrt nach Halle, nach Cottbus, an ein Telefonat ins Anklam-Land... Warum baut sich in mir eine Barriere auf, wenn ich die neuen Lieder höre? Ich verschränke die Arme, höre auf den Text, höre zwischen die Zeilen der Strophen und des Refrains... nichts. Die Lieder aus den Jahren 2010 und 2012 schmelzen all diese Vorbehalte. Ich fahre irgendwie versöhnt nach hause – ja, sie spielten DAS besondere Lied am Ende des Konzerts. 0:00 Uhr - Ich gieße mir einen Whiskey ein und lege die CD aus der abgegriffenen Papphülle in den Spieler, die Nr. 12 läuft wohl ein halbes Dutzend Mal in unter-Zimmerlautstärke. Es berührt mich... immer noch... immer wieder... es ist eines der handvoll Lieder, die mir in schweren Zeiten immer etwas Zuversicht gaben.
Yana Arlt
Der wahre
Schrecken der Existenz ist nicht die Angst vor dem Tod, sondern die
Angst vor dem Leben. Es ist die Angst, jeden Tag aufzuwachen und mit
denselben Kämpfen, denselben Enttäuschungen, demselben Schmerz
konfrontiert zu werden. Es ist die Angst, dass sich nie etwas ändern
wird, dass man in einem Kreislauf des Leidens gefangen ist, aus dem
man nicht entkommen kann. Und in dieser Angst steckt eine
Verzweiflung, eine Sehnsucht nach etwas, irgendetwas, um die
Monotonie zu durchbrechen, um der endlosen Wiederholung der Tage
einen Sinn zu geben.
Albert Camus
Textquelle: Gedankenzünder/ Facebook