Selbstbild und Fremdbilder von Dichterinnen... Ich sehe den Film „A Quiet Passion – Das Leben der Emily Dickinson“... mitten in der Nacht... mit 96,8% und abnehmender Leuchtkraft schleicht der Mond über die Baumwipfel und Dächer... mitten in der Nacht … Stille... kein Partygänger stolpert über die Straßen nach hause – dafür ist es vielleicht noch zu früh... kein Pflegedienstauto rauscht über den Asphalt – dafür ist es auch noch zu früh... es ist still... quiet … ich schaue auf den Bildschirm... die Leiden einer Frau als schauspielerische Darstellung... die eingesprochenen Verse – geschrieben vor ein und einem dreiviertel Jahrhundert... krame in meinen Erinnerungen nach einst gelesenen Zeilen und biographischen Angaben... die Verluste... das Missverstehen... die Leidenschaft... the passion... das Schreiben... „Ich kenne nichts auf der Welt, das eine solche Macht hat, wie das Wort.“... der Zweifel... „Ich schreibe Verse, ja“ „Bitte sagen Sie etwas. Sind meine Verse etwas wert?“ „Anerkennung vor meinem Tod wäre schön“ lassen Textbuchautor/Regisseur, Übersetzer und Synchronsprecherin die Schauspielerin sagen... bei der Eingabe des Namens in die Suchmaschine erscheint als 4. Anstrich: „Was war seltsam an Emily Dickinson?“... diese Frage ist für mich seltsam... „Emily galt bei den Einwohnern ihrer Heimatstadt als seltsam, da sie häufig weiße Kleidung trug und auch wegen ihrer zurückgezogenen Art. Schließlich weigerte sie sich, nach unten zu kommen, um ihre Gäste zu begrüßen, und unterhielt sich manchmal nur durch die geschlossene Tür ihres Schlafzimmers.“ (Textquelle: testbook.com)... das habe ich nicht wissen wollen... Zurückgezogenheit... wie sich die Menschen „das Maul zerreißen“... die Fantasie der Einwohner ihrer Heimatstadt und späterer LiteraturwissenschaftlerInnen... diese Frage „wie war sie wirklich?“... weniger als 20 Gedichte zu Lebzeiten veröffentlicht... Nacht für Nacht ab 3 Uhr geschrieben... die Ausstrahlung des Films endet um 1:40 Uhr... es sind noch 80 Minuten bis 3 Uhr... es ist still im und um das Haus... ich gehe auf Zehenspitzen zum Bücherregal mit den aufgestapelten Gedichtbänden...
Yana Arlt
Emily Dickinson
Als
bät ich um Almosen nur,
Und in die Hand gäb mir
Ein Fremder
gleich ein Königreich -
Entgeistert - steh ich hier -
Als bäte
ich den Orient
Um Morgenrot für mich -
Und er zieht hoch den
Purpurdeich,
Und
flutet mich mit Licht!