Dienstag, 26. Juli 2022

Mit besten Wünschen ~ MONIKA NOTHING

Herzliche Glückwünsche: Jubel und Konfetti und knallende Sektkorken!

Die Brandenburger Schriftstellerin Monika Nothing feierte im Mai ihren achtzigsten Geburtstag.
Von Thomas Bruhn



Wie Menschen, so haben auch Bücher Schicksale. Der Roman "Zu den Wurzeln steigen" wurde 1989 in der DDR vom Hinstorff Verlag Rostock verlegt. Mit diesem Text hat es eine besondere Bewandtnis: Das Manuskript hatte die Autorin bereits 1984 eingereicht. Hinstorff war bekannt dafür, dass die Verleger und Lektoren dort Bücher herausbrachten, die in anderen Verlagen der DDR keine Chance hatten. Aber bei den "Wurzeln" waren auch sie machtlos. Das Buch wanderte in den Panzerschrank. Die Zensoren gaben kein grünes Licht; sie witterten Gefahr und hatten damit wohl auch recht. Erst 1989, als vieles sich änderte und sich kein Mensch mehr um Einsprüche der Glaubenshüter scheren musste, ist das Buch erschienen, landete aber im Strudel der Ereignisse fast unbeachtet auf Halden oder blieb in den Auslieferungslagern und Buchläden liegen. Die Leser hatten anderes im Kopp und wollten Bücher lesen, die ihnen bislang nicht zugänglich waren ― wenn sie überhaupt noch lasen. Immerhin erhielt die Autorin die Nachricht, dass sie einen Teil ihrer Bücher abholen könne. So fuhr sie an einem stürmischen Tag mit ihrem Mann, einem geborgten PKW-Anhänger und einer Plane, nach Leipzig und packte ein, was der Anhänger tragen konnte. Die Plane erwies sich als löchrig, es regnete durch, die untersten Bücher standen im Wasser. Zu Hause angekommen, begann der zweite Teil der Rettungsaktion: sortieren und trocknen. Der Autorin Monika Nothing, muss zum Heulen zumute gewesen sein.
Erzählt wird in den "Wurzeln" die Geschichte eines polnischen Arbeiters Ende der siebziger Jahre, als sich in Polen schon die ersten ernsthaften Widerstände regten, die zur Gründung von Solidarnosc führen sollten. Bogdan Kołataj kommt in die DDR um zu arbeiten und nach Spuren seines Vaters, der in Nazideutschland umgebracht wurde, zu suchen. Liest man heute diesen Text, erstaunt unter anderem, welche Formen der Mitbestimmung der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben möglich war. Ich habe einige Jahre im Werk für Fernsehelektronik in Berlin-Oberschöneweide gearbeitet und weiß, dass die Autorin weder über- noch untertreibt. Von einer solchen Mitbestimmung können wir heute nur träumen.
Aber zum eigentlichen Anliegen: Monika Nothing feierte im Mai ihren achtzigsten Geburtstag. Herzliche Glückwünsche, alles Gute, Gesundheit und Schaffenskraft!
Monika Nothing wurde 1942 in Pethau, damals ein Vorort von Zittau, geboren. Schon in der Schule schrieb sie Märchen und Gedichte. Nach der Schule eine Lehre zur Laboratoriumsassistentin, dann Medizinische Fachschule am Bezirkskrankenhaus Cottbus, Laborleiterin, Schreibzirkel des Braunkohlekombinats Lauchhammer, Kreiskabinett für Kulturarbeit, Betriebszeitung VEB Schwermaschinenbau Lauchhammer, Fernstudium am Literaturinstitut Leipzig, Lausitzer Rundschau und ein Studium der Psychologie. Dazu noch die Familie und das ganz normale Leben.
Nach Vermittlung durch Erich Köhler erschien 1985 die erste Publikation bei Hinstorff "Ein Mantel aus Hoffnung", die große Beachtung fand. 1989 folgte endlich "Zu den Wurzeln steigen", siehe oben.
Monika Nothings Bücher eignen sich nicht für den Nachttisch; sie schrieb nie Literatur zum Einschlafen. Für Nothing muss man wach sein! Die Sprache ist sehr präzise und ohne Schnörkel, manchmal spröde und widerspenstig. Die Autorin hat etwas zu erzählen und etwas zu sagen.
Die Zensoren, die großen und die kleinen, im Bezirk Cottbus waren sie besonders aktiv, machten der Autorin das Schreiben und das Veröffentlichen schwer. So besteht ihr Werk nur aus den beiden schmalen Bänden, die allerdings sind von einigem Gewicht. Die Bücher sind im Antiquariat zu bekommen (bitte auf antiquariat.de stöbern und nicht bei ZVAB oder Amazon, von wegen Gewerkschaft und so).
Natürlich war die Autorin regelmäßig in den Anthologien des VS Brandenburg vertreten. Haben wir ihr alles Gute zum Geburtstag gewünscht, so bleibt nur noch, uns zu wünschen, dass wir ihre Arbeiten, die in der Schublade warten oder noch in der Maschine stecken, bald werden lesen können.

https://medien-kunst-industrie-bb.verdi.de/themen/aktuelles/++co++8e8bc0c2-e651-11ec-a581-001a4a160111