Dienstag, 23. November 2021

LESENSWERT: Zum Verhältnis von Ökonomie und Kultureller Bildung

MEHR ALS
WENIGER
ALS GLEICH
VIEL

Zum Verhältnis von Ökonomie und Kultureller Bildung


PROLOG
Prof.Dr.Eckart Liebau / Vorsitzender des Rates für Kulturelle Bildung


Wenn es um Kulturelle Bildung geht, hat Ökonomie einen schlechten Ruf. Entweder ist immer alles zu knapp: Es fehlt an Geld, an Räumen, an Personal, an Angeboten, an Macht und Anerkennung. Obwohl von allem viel mehr nötig wäre, muss man, notgedrungen, irgendwie mit viel weniger als nötig zurechtkommen und sich durchwurschteln – immer mit dem Wunsch und in der Hoffnung, dass es eines Tages doch besser werden möge, und dem gleichzeitigen Zweifel daran, dass dieser Zustand je eintreten wird.
Oder es ist alles zu viel: zu viele Museen mit zu vielen Werken, die nicht ausgestellt und nicht vermittelt werden können, zu viele Besucher bei populären Veranstaltungen, die nichts oder zu wenig verstehen, zu viele und zu teure Orchester und Opernhäuser, die zu wenige Kinder und Jugendliche erreichen, schon gar nicht die „bildungsbenachteiligten“. Zu viele Künstler, die von ihrem Beruf nicht leben können und deswegen ihr Auskommen in der Kulturellen Bildung suchen. Zu viel Kulturelle Bildung auf Kosten der „eigentlichen“ Kunst, zu viel falsche, an Verwertung orientierte Werte in der Kulturellen Bildung, in der die ökonomisch verwertbaren Nebenwirkungen für beruflich und alltäglich brauchbare und nützliche emotionale, kognitive, soziale Qualifikationen den intendierten kulturell bildenden Hauptwirkungen übergeordnet werden: Kulturelle Bildung ist gut, weil sie wirtschaftlich nützlich und brauchbar ist, weil sie für Kreativität, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sorgt – igitt [...]

Offenbar muss man auch im Kontext Kultureller Bildung unterscheiden, worüber man redet, wenn man über Ökonomie redet. Eine zentrale Forderung des Rates für Kulturelle Bildung zielt auf eine quantitativ hinreichende und qualitativ hochwertige Grundversorgung mit Kultureller Bildung für alle in unserer Gesellschaft zusammenlebenden Menschen. Das zielt also zugleich auf materiellen Reichtum und auf immateriellen Reichtum. Es geht darum, die materiellen Voraussetzungen dafür zu sichern und gegebenenfalls neu zu schaffen, die für eine gute Vermittlung und Aneignung von Kunst und Kultur, für eine gute Kulturelle Bildung nötig sind. […]


 

Essen, im Januar 2017


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