„Der Ton
macht die Musik“, war einer der Sätze, die ich als Kind und
besonders als Jugendliche von meinem Vater zu hören bekam. Es war
eigentlich zweitrangig, was ich da postulierte, wichtiger war die Art
und Weise, wie ich meine Ansichten und Gegenargumente vorbrachte.
„Ein Guten Tag zur Begrüßung gehört einfach zum guten
Ton.“
„Er traf mit seiner Aussage den richtigen Ton.“
„Mein
Herr, Sie vergreifen sich im Ton!“
„Dann werden wir eben einen
ganz anderen Ton anschlagen müssen.“
„Mir gefällt Ihr Ton
nicht!“
„Ich werde keinen Ton darüber verlauten
lassen.“
„Diesen Ton verbitte ich mir!“
„Du wirst nicht
einen Ton dazu von mir hören.“
Wie wichtig Klang und Rhythmus
für unsere Kommunikation sind, erkennt man bei diesen wenigen
Beispielen. Wie oft ist dir schon einmal etwas in die falsche Kehle
gerutscht? Oder kam dir missverständlich über die Lippen?
Vielleicht sagtest du etwas, das aber vom Gegenüber aufgrund deiner
Stimmmelodie in Kombination mit Geste und Gesichtsausdruck vollkommen
anders aufgenommen wurde. Plötzlich steht da ein großes Schweigen,
eine Betroffenheit, eine Unsicherheit im Raum, die Temperatur scheint
um 10°C gesunken zu sein, im Hals kratzt eine Empörung oder drückt
eine Enttäuschung.
Nach dem Duden
hat das Wort „Ton“ mehrere verschiedene Bedeutungen:
>
vom Gehör wahrgenommene gleichmäßige Schwingung der Luft, die (im
Unterschied zum Klang) keine Obertöne aufweist
> (aus einer
Reihe harmonischer Töne 1a zusammengesetzter) Klang (1)
>
Tonaufnahme
Gebrauch Rundfunk, Film, Fernsehen
> Rede-,
Sprech-, Schreibweise, Tonfall (2)
> Wort; Äußerung
Gebrauch
umgangssprachlich
> Betonung (1), Akzent (1a)
> (in der
Lyrik des Mittelalters und im Meistersang) sich gegenseitig
bedingende Strophenform und Melodie; Einheit von
rhythmisch-metrischer Gestalt und Melodie
Gebrauch
Literaturwissenschaft
> Herkunft wohl nach französisch ton <
lateinisch tonus
Kurzform für Farbton (1, 2)
>>
besonders zur Herstellung von Töpferwaren verwendetes lockeres,
feinkörniges Sediment von gelblicher bis grauer Farbe
Ich
mag die Formulierung „irdenes Geschirr“ oder auch „tönerne
Schüsseln“. Vielleicht verwenden gar nicht mehr viele Menschen
diese Worte, möglicherweise nur noch Poeten. Und wenn ich einen
Lyriker lesen höre oder selbst meine Verse leise vor mich hin
spreche, dann merke ich schnell, ob das Gedicht stimmig ist. Auch bei
einer Lesung spielt der Ton eine enorme Rolle, um einen Text zu
verstehen, Zugang zum Dichter/ zur Dichterin und ihren Gedanken- und
Bilderwelten zu bekommen.
Der eine, lange Ton, z.B. einer
Klangschale, kann uns erden, kann uns zur Ruhe bringen. Tonfolgen
können uns irritieren oder uns wütend machen.
Wenn ich diese 7
Noten/ Orgeltöne angebe: c‘ (16‘), des‘(16‘), d‘, dis‘,
e‘, ais‘, e‘‘
wer weiß dann damit etwas anzufangen. Wer
hat diese Töne schon gehört? Genau diese Kombination – als
langanhaltenden Klang. Zu hören bis zum 5. August 2026 … in
Halberstadt. (https://www.aslsp.org/das-projekt.html)
- Yana Arlt
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Die
Töne
Karoline von Günderode
Ihr tiefen Seelen, die im Stoff gefangen,
Nach Lebensodem, nach Befreiung ringt;
Wer löset eure Bande dem Verlangen,
Das gern melodisch aus der Stummheit dringt?
Wer Töne öffnet eurer Kerker Riegel?
Und wer entfesselt eure Ätherflügel?
Einst, da Gewalt den Widerstand berühret,
Zersprang der Töne alte Kerkernacht;
Im weiten Raume hier und da verirret
Entflohen sie, der Stummheit nun erwacht,
Und sie durchwandelten den blauen Bogen
Und jauchzten in den Sturm der wilden Wogen.
Sie schlüpften flüsternd durch der Bäume Wipfel
Und hauchten aus der Nachtigallen Brust,
Mit mutigen Strömen stürzten sie vom Gipfel
Der Felsen sich in wilder Freiheitslust.
Sie rauschten an der Menschen Ohr vorüber,
Er zog sie in sein innerstes hinüber.
Und da er unterm Herzen sie getragen,
Heisst er sie wandlen auf der Lüfte Pfad
Und allen den verwandten Seelen sagen,
Wie liebend sie sein Geist gepfleget hat.
Harmonisch schweben sie aus ihrer Wiege
Und wandlen fort und tragen Menschenzüge.