Am vergangenen Samstag war
Herbstanfang. Mabon. Einer der Erntedankfeste. Tag- und Nachtgleiche.
Zeit, auf das bisherige Jahr zurück zu schauen. Bilanz zu ziehen,
was aus den Samen und Stecklingen gewachsen ist. Auch: Habe ich mich
für die richtigen Dinge entschieden und engagiert? Habe ich die
beständigen, ehrlichen Freundschaften gepflegt? Bin ich mir selbst
treu geblieben? Habe ich die richtigen Lehren aus den Begegnungen,
Ereignissen und Ent-Täuschungen gezogen?
Welchen Stellenwert hat
heute noch Dankbarkeit? Wie viel nehmen wir als selbstverständlich
hin? Man sagt: „Man weiß erst, was man hatte, wenn man es verloren
hat.“ Muss es wirklich so weit kommen? Geht der Bewusstheit immer
der Verlust voraus?
In diesem Jahr gab es nicht viele Pfirsiche
auf dem Baum, der in meinem Garten steht – aber, mmmmhh, die
wenigen sind köstlich! Die Kräuter auf den Beeten haben mir so
manchen Heilsud beschert. Das winzige Maulbeerbäumchen ist in den
vergangenen Jahren zu einem Baum voller kleiner schwarzer Früchte
herangewachsen, die ein einmaliges Aroma entfalten. Der Orleander,
den ich durch den Winter brachte blühte üppig und erst vor ein paar
Tagen überraschte mich der Rosenstock mit der Entfaltung einer
letzten Blüte... Am vergangenen Samstag erlebte ich in kleiner Runde
einen zauberhaften Herbstanfang mit einer Pfanne Buchteln,
Kürbissuppe, Brot, Feuer, Trommeln und besonderen Gesprächen und
besonderem Schweigen. Auch für Freunde und Familie bin ich dankbar,
für die besondere Energie, die uns verbindet.
Ja, es gibt auch
die andere Seite: die Schnecken, die jede Salatpflanze, das zarte
Grün der Möhren und 4 der mühsam aufgezogenen Tabakpflanzen
verputzten, die Werlen und Mäuse, die mölicherweise die
Gladiolenzwiebeln auffraßen, die Trockenheit, die den
Tomatenpflanzen und den Rote-Beete-Keimlingen übel zusetzte, die
Katze, die mir die Reihen mit frisch ausgebrachten Pastinakensamen
zerwühlte... die Vertrauten, die sich nicht mehr melden, die
Kollegen, die hinter dem Rücken ihr eigenes Ding durchziehen, die
Gesprächspartner, die nicht mehr grüßen, die Bekannten, die nicht
ehrlich sind, die Mitstreiter, die beleidigt sind. Gegen viele dieser
Dinge sind wir machtlos, wir gießen, hacken, schreiben, rufen an,
säen nach, pflanzen neu und doch soll es nicht sein. Es gibt in
diesem Jahr keine blühenden Gladiolen in meinem Garten, keine Rote
Beete Knollen, kaum ein paar mickrige Stängel Dill, gerade einmal 4
Bohnen. Schau ich nun auf das, was nicht wächst, nicht blüht, keine
Früchte trägt oder bin ich dankbar für jede Süßkirsche, jede
Erdbeere, jedes Salbeiblatt und jede Ringelblumen- und
Borretschblüte? Ich mache insgeheim Gartenpläne für das kommende
Jahr. Ich mache Pläne!
Yana Arlt
Gib
dem Aufmerksamkeit, was wachsen soll!
Textquelle:
Internet