Sorbe, zweisprachiger Lyriker, DDR-Meister im Radfahren,
Theologiestudent, Student der Theaterwissenschaft, Dramaturg, Regisseur, Leiter
des sorbischen Kinder- und Jugendtheaters,
Landtagsabgeordneter, Chefredakteur, Vorsitzender des Sorbischen
Künstlerbundes … das sind Angaben, die man in verschiedenen Beiträgen von und
über Benedikt Dyrlich im Internet findet. Man arbeitet gern mit Titeln und
konkreten Benennungen, um einen Menschen einordnen zu können, um sich über die
Daten eines Lebenslaufs einer Person zu nähern, sie für sich fassbarer zu
machen.
Doch gehen wir bei Benedikt Dyrlich doch einmal anders
heran.
Was ihn von Kindheit an begleitet, ist das Sorbische. Sein
Vater war sorbischer Kleinbauer, Tischler und Schnitzer, so die Angabe
in einem Internetbeitrag. Mühelos wechselt er zwischen der deutschen und den
slawischen Sprachen, wenn man ihn beim Eintreffen der Lyriker zur „Bautzner
Poesienacht“ im Rahmen des Internationalen Festes der sorbischen Poesie erlebt.
Wer sich mit dem slawischen und sorbischen Kulturgut beschäftigt, selbst
zweisprachig Gedichte verfasst und bei Lesungen vorstellt, der ist nicht immer
gern gesehen; der stößt mit dem Kopf manches mal an die niedrig aufgelegte
Latte für Verständnis oder stößt sich die Zehen an der hohen Schwelle zwischen
der eigenen Lebenswelt und der der anders Sprechenden/ Denkenden, der der
Minderheiten. Die Lausitz ist eine der Regionen, die sich am heftigsten in den
letzten anderthalb Jahrhunderten verändert hat. Die Braunkohle unter den
slawisch besiedelten Landstrichen, unter den sorbischsprachigen Dörfern ist
Fluch und Segen. Sie sorgt für eine intensive Einwanderung von „Glücksrittern“,
sie bedingt das Aufreißen der Heimaterde nachdem Eichen, Kiefern, Erlen gerodet,
Gehöfte abgetragen, Sümpfe trockengelegt und Flüsse umgeleitet wurden. Mit dem
jahrhunderte alten Landschafts- und Sozialgefüge gehen auch Traditionen mithin
kulturelle Wurzeln verloren. Benedikt Dyrlich ist einer, der das benennt und
vor den Verlusten warnt, die nicht mit neugebauten Wohnsiedlungen und den
Erhalt von Arbeitsplätzen im Bergbau wett zu machen sind.
In seiner Lyrik spiegelt sich seine tiefe Verbundenheit zum
Sorbischen wider.
Lied für Mina Witkojc¹
Planvoll wütet
das Mail des Baggers.
Gefesselt am Hang
die Seele will schwinden.
Fragt sie verzagt:
War schon der Storch?
Raubbau und Einfalt
vertreiben die Jugend.
Die Lerchen singen
in Ecken den Jammer.
Der Katzen Schmerz
zerbröckelt in Hütten.
Im Wald der Spree
bettet sich still
Die Träne soll
Fröhlich rinnen.
¹ Mina Witkojc (1893
– 1975), herausragende Dichterin und Redakteurin in niedersorbischer Sprache.
Unter den Nazis verfolgt wegen „tschechischer Agitation“ und
„deutschfeindlicher Tätigkeit“.
Dieses Gedicht ist entnommen aus: „Schlafende Hunde II –
Politische Lyrik“, Herausgegeben von Thomas Bachmann
Benedikt Dyrlich während des "Lyrikfest 2014" in Senftenberg, Foto: Steffen Rasche |