Liebe ~ Der Mai, der Lenz,
der Wonnemonat ~ Liebe liegt in der Luft, die Herzen schlagen
schneller, die Blumen duften, die Amseln vö_ _ _ _ ~ was für ein
Schwachsinn! Welch ein Geschwülst! Viele Ehen werden übrigens im
September geschlossen – statistisch gesehen. Nicht zu unrecht, wenn
man dem Volksglauben folgt, der einer im Mai geschlossenen Ehe ein
„frühes Grab“ voraussagt. Eine gute gemeinsame Zukunft
begünstigt die Eheschließung in einem Monat mit dem Buchstaben „r“
- ein Tabu für Mai bis August sozusagen. Frühlingsgefühle versus
Frühjahrsmüdigkeit. Kommt dann noch ein launischer April vorweg,
dann hängen viele Menschen ohnehin in den Seilen und freuen sich auf
freie Tage wie den Feiertag „Christi Himmelfahrt“ und das lange
Pfingstwochenende. Da ist ja auch das Rasenmähen und Hecke schneiden
untersagt – also mit gesetzlicher Legitimation auf der
Hollywoodschaukel oder auf dem Sofa abhängen. Wenn man nicht gerade
Künstler ist! Denn Künstler ist kein 8 Stundentag Job. Wenn einem
Lyriker, einer Verseschmiedin die Inspiration überkommt, da muss ihr
gefolgt werden – frühmorgens um 3 Uhr oder mitten im Käsereiben
für die Pizza oder wenn im Kreise der Freunde die Weingläser und
Bierflaschen im Takt des Kuckucksrufs aneinanderklingen.
Beltain –
die Nacht zum ersten Mai ist mit vielen Ritualen rund um die
Fruchtbarkeit behaftet und schauen sich da im Schein des Feuers nicht
zwei über die Flammen hinweg scheu an? Also runter mit der Maibowle,
die süffige Waldmeisterduftende und rauf auf die Tanzfläche. Der
Mai ist mithin in mehrfacher Hinsicht berauschend. Und wir sollten
uns berauschen lassen und sei es nur für ein paar Augenblicke. Sich
ganz dem Gesang der Nachtigall hingeben. Ausschau halten nach den
Mai-Aquariiden. Auf die Scheibe vom frisch gebackenen Brot eine dicke
Schicht Bärlauchbutter streichen. Vielleicht. Möglicherweise. Ab
und an auch mal einen Lyrikband zur Hand nehmen und in den Versen der
DichterInnen spazieren gehen.
Yana Arlt
Das
Leben ist so kurz, so zerbrechlich, so rätselhaft. Wie viele
Menschen lieben wir eigentlich im Laufe eines Lebens? Nur ein paar,
ein paar ganz wenige. Wenn die meisten von ihnen nicht mehr da sind,
verändert sich die Landkarte unserer inneren Welt.
Paul
Auster
gestorben am 30. April 2024