Montag, 29. Januar 2024

Inspirieren lassen ~ wann ist deine Zeit

 TIPP: Dienstag, 30. Januar 2024, 4-Uhr-Treff
"Kreative Stunde vor Sonnenaufgang"
Stell dir den Wecker auf 4-uhr-morgens. Experimentiere,
was du künstlerisch erschaffst in dieser frühen Stunde.
Vielleicht einen Gedanken, eine Idee, ein Gedicht ~
Schick uns, an nlz-ich-schreibe@gmx.de dein Werk.

Wenn du selbst ein Kunstschaffender bist, wann ist „deine Zeit“? Deine Tageszeit, in der du am konzentriertesten arbeiten kannst, deine Jahreszeit, in der du am inspiriertesten bist – für neue Texte, neue Bilder, neue Melodien, neue Choreographien, neue Figuren... Wann packt dich ein Thema? Wie viel Zeit brauchst du dann von der ersten Begeisterung, dem ersten Aufflammen einer Idee, über die Schritt für Schritt Realisierung bis hin zu Tag und Stunde, da du es mit der Welt teilst. Franz Kafka hat „Das Schloss“ nie vollendet, Gabriel Gracia Marquez soll 11 Jahre an seinem Buch „Hundert Jahre Einsamkeit“ geschrieben haben. Das längste Musikstück dauert 639 Jahre. Wird ein Kunstwerk besser, je länger es reift? Mancher Charthit soll innerhalb von wenigen Stunden entstanden sein. Tja, wenn es einen richtig packt... Für ein LandArt-Bild kann ich schonmal bis zu vier Stunden brauchen und dann ist es mit einer Windböe, einer Seewelle forrtgetragen, mit einem Wisch einer Hundeschnauze verschoben. Manche Kunst lässt keine langen Zeiträume der Entstehung zu – das Material, die Schaffungsbedingungen ändern sich zu schnell. Andere Techniken fordern eine übermenschliche Geduld und Ausdauer und an ihnen muss generationsübergreifend gearbeitet werden. So können zukünftige Kreative auf die Entwicklungen und Erfahrungen der Vorangegangenen zurückgreifen, ihre Techniken weiterentwickeln, auf früheren eigene Interpretationen und Bearbeitungen aufbauen. Dabei ist jede Generation für sich Weiterführer und Neuerschaffer zugleich. Für all dies ist Raum auf diesem Planeten. Jedes Werk hat seine Daseinsberechtigung und seinen Wirkungskreis. Universell betrachtet, ist es ohnehin weniger als ein Fliegenschiss, was wir Menschen erschaffen, mit dem wir „in die Geschichtsbücher“ eingehen wollen, was wir für bedeutend halten. Wie viel Zeit bleibt dir, um deinen großartigen Roman zu schreiben, dein einmaliges Bild zu malen, deine epochale Figur zu formen, deine ewige Sinfonie zu komponieren? Täglich werden Menschen geboren, die die Kunst für sich entdecken, die die Kunst zum Träger ihrer Botschaften machen, deren Wachsen und Emporsteigen du noch erlebst – oder auch nicht mehr, weil du seit 200 Jahren tot bist und deine Werke längst vergessen sind, dein Leiden, deine Schmerzen, deine Ängste, deine Zweifel sind mit dir gestorben und zuweilen redet noch dieser und jener über dich – staunend (vielleicht), bewundernd (selten), kritisierend (oft), urteilend (meistens) – und die übernächste Generation wird ein paar vergilbte Seiten finden, ein verstaubtes Bild, eine kaum zu lesende Datei, eine kratzige Tonaufnahme. Vielleicht reimt sich eine junge Musikerin, ein junger Maler etwas über dein Leben zusammen, Kunstschaffende lassen sich von den Fragmenten deines Lebenswerkes inspirieren.... möglicherweise, eventuell... Das Meiste verschwindet dorthin wo es hergekommen ist, in die absolute Stille des Weltraums.

Yana Arlt



Die Menschen der alten Zeit sind auch die der neuen,
aber die Menschen von gestern sind nicht die von heute.


Marie von Ebner-Eschenbach