Immer wieder bin ich erstaunt, wie sehr
Biographien vom Weltgeschehen beeinflusst werden. Besonders trifft
das scheinbar auch auf Künstlerlebenswege zu. Da sitze ich auf der
Couch und schaue mir „Einzelgänger
und Außenseiter / Lyonel Feininger zwischen den Welten“ auf
„arte“ an. Ja, natürlich sagt mir dieser Name etwas und auch
Bilder habe ich vor meinem inneren Auge, wenn ich seinen Namen lese
oder höre aber über sein Leben wusste ich bis dahin nicht viel.
Leider sind die Geburtsjahrgänge Ende 19. Jahrhundert und Anfang 20.
Jahrhundert mit ihrer ganzen Lebensfreude und Schaffenskraft von zwei
Weltkriegen gehemmt, ausgebremst und zerstört worden. Bei Ausbruch
des (Ersten) Weltkrieges war Lyonel Feininger 43 Jahre alt, der Maler
Franz Marc 34 Jahre, die Bildhauerin und Malerin Clara Westhoff
[Rilke] 37 Jahre, die Dichterin Else Lasker Schüler 45 Jahre, die
Schriftstellerin und Journalistin Claire Goll 24 Jahre, die
Schriftstellerin und Malerin Paula Ludwig gerade einmal 14 Jahre. In
ihrer aller Leben schlug der Krieg eine heftige Kerbe, schlug Wunden,
die nie wieder heilen sollten. So mancher betrachtet Kriege als
Stimulanz für medizinische, naturwissenschaftliche und
möglicherweise künstlerische Entwicklungen. Andere, wie Theodor W.
Adorno, schreiben: „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist
barbarisch.“ siehe dazu: Wikipedia
„Für das Jahr 2022 zählt das UCDP [Uppsala Conflict Data
Program] 55 verschiedene Konflikte mit staatlicher Beteiligung, von
denen acht die Intensitätsstufe eines Krieges erreicht haben. In
manchen Staaten herrschen zudem zeitgleich mehrere Konflikte. Rechnet
man nicht-staatliche Konflikte etwa zwischen Rebellengruppen oder
rivalisierenden Drogenkartellen in Mexiko hinzu, sind es insgesamt 82
Konflikte. Nicht nur die Zahl der Konflikte nimmt zu, sondern auch
deren Dauer.“ Textquelle: tagesschau
Was heißt das für die - besonders jungen - Menschen in diesen
Gebieten? Die Menschen, die gerade dabei sind, ihr Leben zu planen,
die eine berufliche Orientierung suchen und experimentieren was und
wer sie sein wollen. Wie leben die Menschen mit den Bedrohungen für
Leib, Leben, Werk und Träume? Es gibt Regionen, die existieren im
Dauerstress – wie kann man da Frieden stiften? Und was geht mich
das alles überhaupt an? Geht es mir besser, kann ich mich von den
bedrückenden Nachrichten und Informationen frei machen oder
zumindest besser damit umgehen, wenn ich detailierter Bescheid weiß?
siehe dazu: https://www.friedensbildung-bw.de/aktuelle-konflikte
Jeder Konflikt – vom „schiefen Blick“ und verletzendem Wort bis
zum Drohnenflug und Raketenabwurf fordert Opfer, sie kosten uns den
inneren und äußeren Frieden. Sie führen zu unheilbaren
Verletzungen.
Yana Arlt
Marie Luise Kaschnitz
(1901-1974)
Hiroshima
Der
den Tod auf Hiroshima warf
Ging ins Kloster, läutet dort die
Glocken.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Sprang vom Stuhl in die
Schlinge, erwürgte sich.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Fiel
in Wahnsinn, wehrt Gespenster ab
Hunderttausend, die ihn angehen
nächtlich
Auferstanden aus Staub für ihn.
Nichts von
alledem ist wahr.
Erst vor kurzem sah ich ihn
Im Garten seines
Hauses vor der Stadt.
Die Hecken waren noch jung und die
Rosenbüsche zierlich.
Das wächst nicht so schnell, dass sich
einer verbergen könnte
Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen
war
das nackte Vorstadthaus, die junge Frau im Blumenkleid
Das
kleine Mädchen an ihrer Hand
Der Knabe, der auf seinem Rücken
saß
Und über seinem Kopf die Peitsche schwang.
Sehr gut
erkennbar war er selbst
Vierbeinig auf dem Grasplatz, das
Gesicht
Verzerrt von Lachen, weil der Photograph
Hinter der
Hecke stand, das Auge der Welt
Textquelle: https://www.ev-akademiker.de/wp-content/uploads/Friede_wo_ist_deine_Heimat_dossier_21-33.pdf