Mittwoch, 7. Juni 2023

Zeitreise 1993 / 1. Literaturwettbewerb in Brieske / 30 Jahre Literaturförderung


 

30 Jahre lang wird in Brieske der literarische Nachwuchs gefördert.

Wolfgang Wache, selbst Wortakrobat seit frühester Jugend, Geschichtenerzähler schon als Junge auf dem Weg zur Schule, Theaterstückschreiber, weil ihm die Stücke, die mit seiner Hortgruppe inszeniert werden sollten, nicht gefielen... Wolfgang Wache weiß, wie es sich anfühlt ein Außenseiter zu sein, ein "Spinner", einer, dem man das Irrenhaus prognostiziert, falls er seine Fantasie nicht in den Griff bekommt. Dieser Wolfgang Wache hat 1990 einen Verein gegründet, als in den Regionen der "ehemaligen DDR" keiner wusste, wie man das macht. Und dann war es auch noch ein Kunstverein! Wer braucht denn Gitarrenunterricht, Töpferkurse, Schreibzirkel... wenn man keinen Job hat, kein Geld hat, nicht weiß, wie es weitergeht, die Mieten steigen, die Brikettfabriken abgerissen werden? Wenn die Zukunfts-Ängste einem die Seele zerfressen - Motteneier und -puppen im Wintermantel, im Brot.
In einer Zeit großer persönlicher Nöte gründet Wolfgang Wache einen Kunstverein, baut die Niederlausitzer Kunstschule "Birkchen" auf. Ein Aufruf geht an die Kinder und Jugendlichen: Schickt uns eure Gedichte und Geschichten zum Thema "Rund um die Welt"! Das lässt viel Raum für eigene Motive und auch die literarische Form kann selbst gewählt werden.
Hunderte Texte wurden zu diesem 1. Literaturwettbewerb eingesendet. Die Preisverleihung fand am 27. März 1993 im (noch bestehenden) Kulturhaus "Franz Mehring" statt. Der Saal war voller Menschen. Alle waren aufgeregt - die Schreibenden, die Jury aus den Autoren Peter Drescher, Ralf-Peter Witzmann, Harald Heinze, das junge Gitarrenensemble, die Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde der jungen Autoren, die Vertreter aus Politik und Gesellschaft und nicht zuletzt der Initiator und Moderator Wolfgang Wache.

 

Welcher der damaligen PreisträgerInnen schreibt heute noch?

 
1995 gab es die Broschüre "Um die Welt", in der ausgewählte Texte veröffentlicht wurden.
1999 beteiligte sich Jana Arlt am Literaturwettbewerb der "Kunstschule Birkchen" und wurde Preisträgerin mit dem Gedicht "Es sprachen die Bäume". In diesem Jahr fand auch erstmals ein Schreibertreff im "Birkchen" statt. Ein Wochenende lang erlebten die jungen Schreibenden eine dynamische und inspirierende Gemeinschaft. Diesen 3 intensiven Tagen folgten schon bald einwöchige Schreibcamps in den Sommer- und Winterferien. Mit dabei: Ingrid Manthey und Andrea Beutel von der "Schreib- und Dichterwerkstatt Flitzi" aus Schwedt und auch Jana Arlt wurde nach und nach von einer Teilnehmerin zu einer Anleiterin zum Gedichteschreiben und auch Jurymitglied für die Deutschsprachigen internationelen Kinder- und Jugendliteraturwettbewerbe "Ich schreibe!". 2006 gründete sie mit Wolfgang Wache und Andrea Beutel den Verein Nachwuchs-Literatur-Zentrum "Ich schreibe!"... seit 1993 hat sich vieles geändert, ist hinzu gekommen, hat sich gelöst - geblieben ist die Begeisterung für das geschriebene Wort und der Wunsch mit dieser Begeisterung viele Menschen zu begeistern.



Am 4. Juni, als die literarischen Nachwuchstalente Elias Wolski und Charlie Woods ihre Texte beim Literarischen Spaziergang durch die Gartenstadt Marga performten, beendete ich unter dem Sternzelt den Nachmittag mit dieser kleinen Zeitreise und las den Text "Es sprachen die Bäume" aus der Anthologie "Um die Welt" von 1999.

Y.A.