Es gibt in den digitalen Medien ein
Video, das eine junge Frau zeigt, die gerade die letzten Seiten eines
Romans liest. Sie weint. Sie ist von dieser imaginären Geschichte,
die sich ein Autor ausgedacht und aufgeschrieben hat, die ein
Verleger in sein Programm aufgenommen und ein Drucker als abstrakte
Zeichen, als Buchstaben auf Papier druckte, diese Seiten
zusammenfügte und mit einem Umschlag versah, so berührt.
Die
Leserin nahm die Worte auf und verwandelte sie in Personen,
Stimmungen, Gefühle, Landschaften... Sie sitzt in einem Flugzeug,
fliegt über Städte, Seen, Wiesen, Fabriken, Wälder... in ihrem
Bewusstsein wandelt sie in einer völlig anderen Welt und erlebt
Dinge, zu denen kein Umsitzender Zugang hat. Doch einer der
Passagiere überschreitet eine Grenze. Voyeuristisch, amüsiert und
respektlos dokumentiert er die Emotionen, dringt in diesen heiligen
Ort ein, den jeder Lesende umgibt.
Ein Buch zu lesen, seine
Geschichte zu erleben, ist etwas sehr Intimes – auch wenn die
Lesenden in einem Flugzeug, einem Café,
einem Park, einem Zug und anderen öffentlichen und halböffentlichen
Räumen sitzen.
Was das Video nicht gezeigt hat – und ich hoffe
mal, dass der Mensch mit dem Aufnahmegerät die junge Frau fragte, ob
er es veröffentlichen darf – ist der Umgang miteinander, nachdem
sie bemerkte, dass sie gefilmt wird.
Was ich mir wünsche: Frag
sie nach der Geschichte, nach dem Buch, genieße ihre Freude, darüber
zu erzählen; werte nicht, hör nur zu.
Buchleser sind eine
seltene und seltsame Spezies, sie sollten eine besondere Form der
Wertschätzung erfahren und unter Artenschutz gestellt werden.
Yana
Arlt
Joseph
von Eichendorff
Das
Bilderbuch
Von
der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des
Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in
stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so
blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich
Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf
den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die
Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz -
Weinen
möcht ich, wie ein Kind!
Ob Bilderbuch oder Roman, Kurzgeschichte oder Gedicht... schnappt euch ein Buch und lest, und lest vor ~ z.B. am kommenden Freitag, 21. November, da findet der Bundesweite Vorlesetag statt.
Meiner Meinung nach, kann man Kindern vorlesen UND Jugendlichen UND Erwachsenen UND Senioren.
Wer Lust auf Lyrikhören hat, dem sei die Seite https://www.lyrikline.org/ empfohlen.
Informationen: https://www.vorlesetag.de/