Wisst ihr, was ich in der vergangenen
Woche Tolles unternommen habe? Nix! Ich habe so lange geschlafen, wie
es mein Körper brauchte, habe literweise Ingwertee mit nem
ordentlichen Schuss Zitronensaft und nem Löffel voll Honig
getrunken, habe heiß geduscht und mich danach auf die Couch
platziert, ich habe konsequent alle schlimm-schlimmer-am
schlimmsten-Meldungen gemieden, habe ein bisschen die Wohnung
aufgeräumt, habe stringent an meinem Wohlbefinden gearbeitet – bin
nicht zum Weihnachtskonzert gegangen und überhaupt den diversen
Weihnachtsmärkten der Region fern geblieben. Jippi! Das Kratzen im
Hals, die Kopfschmerzen und die Muskelverspannungen haben sich
aufgelöst. Voller Elan gehe ich in diese Woche und freue mich schon
auf den Winterworkshop am 3. Adventswochenende. Bis dahin ist noch
einiges zu tun, der „Almanach 2023“ soll in den Druck gehen, die
Arbeitsblätter für die Schreibimpulse müssen zusammengestellt und
ausgedruckt werden, die „Türchen ins neue Jahr“ - also die Posts
für den 25. Dezember bis 5. Januar - müssen vorbereitet werden und
dann noch so dies und das.
Eine Sache habe ich mir allerdings
gegönnt, ich habe mich am vergangenen Samstag ein paar Minuten in
die Peter-Paul-Kirche gesetzt, habe die mich umgebenden Engel
genossen und das Flüstern der mittäglichen Besucher. Am 12.
Dezember kommen Nachmittag die Künstler und laden alle Geflügelten
wieder in das große Auto. Leer werden die Wände und Säulen sein,
fast ein halbes Jahr hingen und standen die beeindruckenden Werke aus
Metall, Furnier, als Fotoausdruck und aus ehemaliger Gugelhupfform
rechts und links der Sitzbänke. Es ist kalt in der Kirche. Vom Markt
dringt durch die spaltbreit geöffnete Tür Weihnachtsmusik aus der
Konserve. Ich ziehe das Schreibbuch aus dem Rucksack, drücke die
Bleistiftmine heraus und setze die Graphitspitze auf das weiße Blatt
Papier ~
Zuhause, in den Sofapolstern versinkend, schlage ich noch
einmal die Seite auf und staune über die Verse, die mir die Engel
zuflüsterten. Ein wahrhaftiger Adventmoment! Bedeutet doch „Advent“
- Adventus = Ankunft. Obwohl es mein ganz persönlicher, stiller
Abschied von dieser Ausstellung war.
Yana Arlt
Warten ist
eine Kunst
Dietrich
Bonhoeffer
Advent feiern heißt
warten können; Warten ist eine Kunst, die unsere ungeduldige Zeit
vergessen hat. Sie will die reife Frucht brechen, wenn sie kaum den
Sprößling setzte; aber die gierigen Augen werden nur allzuoft
betrogen, indem die scheinbar so köstliche Frucht von innen noch
grün ist, und respektlose Hände werfen undankbar beiseite, was
ihnen so Enttäuschung brachte. Wer nicht die herbe Seligkeit des
Wartens, das heißt des Entbehrens in Hoffnung, kennt, der wird nie
den ganzen Segen der Erfüllung erfahren. Wer nicht weiß, wie es
einem zumute ist, der bange ringt mit den tiefsten Fragen des Lebens,
seines Lebens, und wartend, sehnend ausschaut bis sich die Wahrheit
ihm entschleiert, der kann sich nichts von der Herrlichkeit dieses
Augenblicks, in dem die Klarheit aufleuchtet träumen, und wer nicht
um die Freundschaft, um die Liebe eines anderen werben will, wartend
seine Seele aufschließt der Seele des anderen, bis sie kommt, bis
sie Einzug hält, dem bleibt der tiefste Segen eines Lebens zweier
Seelen ineinander für ewig verborgen.
Auf die größten,
tiefsten, zartesten Dinge in der Welt müssen wir warten, da gehts
nicht im Sturm, sondern nach den göttlichen Gesetzen des Keimens und
Wachsens und Werdens.
Textquelle:
dietrich-bonhoeffer.net