Was kennzeichnet einen großartigen Menschen, einen großen
Charakter? Am Ende eines Lebens steht nicht die Frage: Wie viel Güter und
Wissen hatte ich angehäuft? Ein großartiger Mensch ist für mich jemand, der mit
den Gütern und dem Wissen sinnvoll umgegangen ist, der sich der Vergänglichkeit
bewusst ist und denen die Werte von Schöpferkraft, Lebensfreude, Denk- und
Handlungsweisen, die das Lebensumfeld einbeziehen und auf ein
gemeinschaftliches Wohl ausgerichtet sind, gegenwärtig sind …
Ich versuche mich an unser letztes Gespräch zu erinnern – Herr Böhnisch konnte innerhalb weniger Sätze mehrere Themenbereiche tangieren, wir sprachen über Heine und Theophrast; die Bären aus dem Senftenberger Tierpark und seine Kindheit in Calau; den Artikel, den er für die Zeitung „Neues Deutschland“ über den verlag*wache wolfgang schreiben wollte und seine Erinnerungen an Flucht, dann las er einige seiner zwei Dutzend Senryu vor, in denen er die aktuelle gesellschaftliche und allgemeine menschliche Situationen zusammenfasste. Die kurze und kürzeste Form des literarischen Ausdrucks reizte ihn beim eigenen Schreiben besonders. Aphorismen, Haiku, Senryu – auf dem Papier nur einige Splitter, zwischen den Zeilen und Worten ein Roman, eine mehrseitige Abhandlung, ein Essay. Auf einem Bücherflohmarkt entdeckte ich das Büchlein „Denkspiele – Polnische Aphorismen“ und wusste, das ist das richtige Geburtstagsgeschenk für Herrn Böhnisch. Er hatte uns zum Essen eingeladen, musste dann aber absagen, da er ins Krankenhaus sollte – das Essen wurde verschoben – und wird nun niemals stattfinden. Die polnischen Aphorismen liegen vor mir neben dem Laptop. Ich versuche mich an unser letztes Gespräch zu erinnern. Ich versuche die Nachricht in irgendeinem Ordner abzuheften. Ich versuche Worte zu finden. Ich versuche es fassbar zu machen. Ich habe doch noch das Geburtstagsgeschenk für ihn hier liegen…
JA
Ich versuche mich an unser letztes Gespräch zu erinnern – Herr Böhnisch konnte innerhalb weniger Sätze mehrere Themenbereiche tangieren, wir sprachen über Heine und Theophrast; die Bären aus dem Senftenberger Tierpark und seine Kindheit in Calau; den Artikel, den er für die Zeitung „Neues Deutschland“ über den verlag*wache wolfgang schreiben wollte und seine Erinnerungen an Flucht, dann las er einige seiner zwei Dutzend Senryu vor, in denen er die aktuelle gesellschaftliche und allgemeine menschliche Situationen zusammenfasste. Die kurze und kürzeste Form des literarischen Ausdrucks reizte ihn beim eigenen Schreiben besonders. Aphorismen, Haiku, Senryu – auf dem Papier nur einige Splitter, zwischen den Zeilen und Worten ein Roman, eine mehrseitige Abhandlung, ein Essay. Auf einem Bücherflohmarkt entdeckte ich das Büchlein „Denkspiele – Polnische Aphorismen“ und wusste, das ist das richtige Geburtstagsgeschenk für Herrn Böhnisch. Er hatte uns zum Essen eingeladen, musste dann aber absagen, da er ins Krankenhaus sollte – das Essen wurde verschoben – und wird nun niemals stattfinden. Die polnischen Aphorismen liegen vor mir neben dem Laptop. Ich versuche mich an unser letztes Gespräch zu erinnern. Ich versuche die Nachricht in irgendeinem Ordner abzuheften. Ich versuche Worte zu finden. Ich versuche es fassbar zu machen. Ich habe doch noch das Geburtstagsgeschenk für ihn hier liegen…
JA