Montag, 22. September 2025

Inspirieren lassen ~ Lady Lyrikfestival

Es ist der Sonntagmorgen des Lausitzer Lyrikfestivals 2025. Ich sitze mit dem Kollegen Wolfgang Wache an einem Tisch, den wir uns in die Morgensonne auf den Margahof gestellt haben, wir sitzen und besprechen das Tagesprogramm des letzten Festivaltages beim gemeinsamen Frühstück. Zuerst kommen Alexander und Lena zu uns an den Tisch, auch Detlef und Thomas gesellen sich zu uns. Der Hof füllt sich. Wir bieten Alex und Lena Brötchen und Kaffee an, da im Hotel keine Frühstücksversorgung gewährleistet wird. Es ist ein wunderbarer Morgen mit familiärer spätsommerlicher Stimmung, wir kommen ins Gespräch über Kunst und KI – dabei sollte das doch das Thema unserer Runde in der Peickwitz Hütte sein :-) Auch allgemeines Geplauder widerhallt auf dem Hof: Habt ihr gut geschlafen? Wann müsst ihr heute los? Seid ihr bei dem Lesespaziergang dabei? …. Und dann fällt ein Satz, der „ja nur Spaß“ und „nicht so gemeint“ war: Du müsstest auch etwas abnehmen. Auch wenn ich nicht die Angesprochene bin, verschlägt es mir die Sprache. Was? Das hat er nicht gerade wirklich zu ihr gesagt! Und dann spreche ich diese Frage an den, der da neben mir sitzt, wirklich aus. Und dann kommt der übliche Spruch: Das war doch nur Spaß. Ich schaue Alexander an, er scheint genauso entsetzt, ist es doch förmlich die Realumsetzung männlichen Verhaltens gegenüber Frauen, wie es in den Geschichten und Gedichten des von ihm gerade herausgegebenen Buches „Was heißt hier Süße? Worte gegen Sexismus und Misogynie“ beschrieben wird. Von den 22 Schreibenden, die dem Aufruf des Autorenkollektivs Frei!Geist gefolgt sind, sind 20 Autorinnen. Auch mein Text ist veröffentlicht und ich erhielt am Tag zuvor vom Verleger das Buch. Ich zwinkere Alex zu: der Herr neben mir braucht dringend mal ein bisschen Lektüre zum Thema und ich bezahle dir auch das Buch, das er von dir dann erhält! Die „zwangsbespaßte“ Frau meint dann in einem nachklingenden Gespräch, dass sie solcherlei Äußerungen von Männern schon oft gehört hätte und sie dankt für die Unterstützung. Ich bin ehrlich, vor etwa 3 Jahren hätte ich nicht so reagiert, ich hätte gelächelt, hätte geschwiegen, ich kann nicht genau sagen, was mit mir passiert ist, welchen Auslöser es für diese schrittweise Selbstermächtigung gab. Es war wohl einmal zuviel, dass sich ein Mann mir oder einer „Schwester“ gegenüber misogyn verhalten hat. Es war einmal zuviel! Übrigens schätze ich die Kollegin sehr, kenne sie schon 13 Jahre, bin ein großer Fan ihres literarischen und bildkünstlerischen Schaffens, bin begeistert, über wie viel Erfahrung und Klugheit sie verfügt – in vielen Bereichen des Lebens... und eben auch im Umgang mit solchem Verhalten. Mir wäre so ein Spruch zu einem Kollegen oder einer Kollegin niemals eingefallen, denn in erster Linie betrachte ich die künstlerische Arbeit und auch zu dieser kann ich nur begrenzt etwas sagen, denn ich weiß zu wenig über Hintergründe und Wege zu diesem Bild, diesem Text, diesem Foto, dieser Melodie ~ Wenn, dann würde ich fragen: Wie bist du auf dieses Thema gekommen? Welche Technik wählst du für deine Malerei und was begeistert dich an Acryl/ Öl/ Aquarell? Welche Möglichkeiten stehen dir am PC zur Verfügung? Mit welchen Programmen arbeitest du bevorzugt? Wie kam es zu dieser Covergestaltung? Das Lausitzer Lyrikfestival ist kein Wettbewerb! Die Lesebühnen sind kein Laufsteg! Ich weiß von jedem einzelnen Teilnehmenden, wie viel Leidenschaft und Engagement in den Publikationen und Lesungen steckt, wie sorgsam sie vorbereitet sind und ja, wie viel Mut es zuweilen kostet, sich den anderen LyrikerInnen auch mal experimentell zu zeigen. Ich finde das wunderbar und habe selbst Freude daran, kleine Performances z.B. für das abendliche Lyrische Potpourri vorzubereiten – mit beleuchteten Figuren, mit kullernden blauen Glasnuggets oder als Würfelspiel... nicht alles funktioniert aber es geht nicht um Perfektion und nicht um Bewertung!

Yana Arlt


Konstanze Niemz

Lieber B.,

ich danke dir für deine Nachricht. 7 Minuten Text, wenn ich ihn lese. Dass du dir diese Mühe machst? Respekt. Und auch ich musste mir erst einmal die Zeit nehmen. Schöne Sätze, wenn du sagst, tolle Lieder, die ich da schreibe, da hat sich jemand Gedanken gemacht. Du wolltest ein paar Texte von mir haben. Habe ich dir geschickt, zur Nachbetrachtung. Und auch du machst dir nun Gedanken. Lobst die gelungene Ironie meiner Sprache. Nun ja, was soll ich sagen, ich kann darauf nicht stolz sein, denn ich meine jede Strophe ernst. Liebeslieder, wie soll man die singen? Da saßen schon Frauen in meinem Publikum, die hatten Tränen der Rührung in ihren Augen, schon vor dem Erklingen meines 1. Refrains. Ich würde bis heute sagen, ich meine es ernst und werde auch so verstanden. Aber Ironie? Das musst du mir noch Mal erklären, bei Gelegenheit. Wobei… mir hat schon mancher Mann über die Straße geholfen, obwohl ich ganz woanders hinwollte. [...]“

aus: Lyrikzin 8 „DichterInnen schreiben fiktive Liebesbriefe und Gedichte über die Liebe“



Im Gegensatz zu Misswahlen in verschiedensten Ländern der Welt oder gar fürs ganze Universum (!?), bei denen Größe, Beziehungsstatus etc. vorgeschrieben sind, um antreten zu können, präsentiere ich hier die „Lady Lyrikfestival“