Nein, werter Blogleser, bei einer Buchmesse geht es um
Geschäfte und Eitelkeiten.
Wir haben in früheren Jahren Stände ausgestattet und
betreut, sind täglich zwischen NLZ und Leipzig gependelt, haben Aktionen am
Stand durchgeführt und Lesungen auf den Bühnen vorbereitet und durchgeführt.
Für einen gemeinnützigen Verein bzw. einen Kleinstverlag ist eine Teilnahme an
der Buchmesse nicht aus eigenen Mitteln zu stemmen. In diesem Jahr waren wir
nun als Besucher auf der Messe, ließen uns durch die Hallen treiben,
schlenderten an der Antiquariatsmeile vorbei, legten ausgiebige Pausen ein und
besuchten eine Lyrikveranstaltung, bei der junge Dichter vorgestellt wurden.
Auffällig war, dass große Bereiche in den Hallen abgesperrt waren und nicht als
Ausstellungsfläche genutzt wurden. Bei Lesungen am Rande unseres Weges blieben
wir manchmal auf ein paar Augenblicke stehen. Uns begegnete der ein oder andere
Autor, der bei unseren vergangenen Lyrikfesten zu Gast war. Um die Bühnen, die
mit einigen bekannten Namen auf ihrer Gästeliste aufwarteten, herrscht manches
Mal Gedränge. Geht es wirklich um die Worte, die gesprochen und gelesen werden
oder ist es nur die Neugier der Besucher, den Autor einmal in natura zu sehen?
Für weniger bekannte Autoren, die teilweise an den Verlagsständen lesen, ergibt
es immerhin ein Foto, das man seinem eigenen Lebenslauf beifügen kann und die
Aussage: „Ich habe auch schon auf der Leipziger Buchmesse gelesen!“ Zu bedeuten
hat das alles am Ende wenig. Viele Kleinst- und Kleinverlage gibt es nur, weil
sie sich vom Geld finanzieren, das der Autor für die Veröffentlichung seines
Manuskripts bezahlt. Im Fernsehen und im Radio sind derweil Mitschnitte oder
Übertragungen von Gesprächsrunden und Lesungen zu verfolgen, die den Anschein
erwecken, dass es auf der Buchmesse um das geht, was Autoren, Verleger und auch
der ein oder andere aus dem Publikum zu sagen haben. Dabei ist auch im großen
Jahrmarktstreiben der Leipziger Buchmesse durchaus Interessantes und
Überraschendes zu entdecken und in solchen Momenten kommt das Gefühl auf: Ja,
hier geht es wirklich um das literarische Schreiben und um die oft prekäre Lage
von Autoren. Die wird nämlich gerne mal vergessen, wenn ein Dichter, ein
Schriftsteller nach wochenlangem eremitischen Dasein über weißen Blättern oder
der Laptoptastatur sich in der Öffentlichkeit für jeden Gedanken und jedes
Komma in „seinem“ Buch verantworten muss. Die Verlage stehen unter Erfolgsdruck
und freuen sich, wenn eines ihrer Bücher zum Bestseller avanciert. Ein
Bestseller ist aber eben nur (!) ein Buch, das sich bestens verkaufen lässt,
weil es Texte eines Preisträgers enthält oder aktuelle politische und
gesellschaftliche Fragen behandelt oder sich auch nur kurzweilig lesen lässt.
Über die Literarizität sagt die Klassifizierung „Bestseller“ gar nichts aus.
Vielleicht ist es aber auch dem Verlag nur bestens gelungen, ein umfassendes
Marketing einzusetzen, um den potentiellen Käufern zu suggerieren: Das ist ein
Buch, das man unbedingt gelesen haben muss… und sei es ein Kochbuch, das den
momentanen Vegan-Trend bedient.
Bleibt also abschließend die Frage, wie zeitgemäß ist eine
Buchmesse noch als Begegnungsort für Autoren, Verlage, Buchhändler und Leser?
Werden hier noch literarische Karrieren gestartet und zukunftsweisende Kontakte
geknüpft?
JA