Freitag, 15. November 2013

Vergängliche Kunst mit Natur

Werter Blogleser,
ich weiß nicht, ob du schon einmal den Begriff Land Art gehört hast oder sogar hier und da selbst zum Künstler wurdest.
"Mit bloßen Händen" nenne ich die Ausstellung mit Fotos von vergänglicher Kunst mit Natur. Vor Jahren habe ich mich von der Faszination Vergänglichkeit in der Kunst betören lassen. "Wer schreibt, der bleibt", sagt man. Was wäre da also das Gegenstück? Mich beeindruckt die Kunst der Sandmandalas, wie sie von tibetischen Mönchen Körnchen für Körnchen gelegt werden, um sie dann in einem Wisch zu zerstö... nein, eigentlich zu wandeln. Es geht darum, was mit einem selbst während des Schaffensprozesses geschieht. Die Fotoaufnahmen sind nicht das Ergebnis, sie sind eine Erinnerungsstütze. Ich gehe nicht hinaus an den Fluss, in den Park, in den Wald, um ein Objekt zu kreieren, von dem ich dann ein schönes Bild mit nach hause nehme. Ich gehe hinaus, um zu entdecken. Nah und intensiv nehme ich die Jahreszeiten wahr - jede Woche, jeder Tag ist anders, sogar das Früher oder Später einer Stunde ist entscheidend. Will ich etwas mit Pfützen machen, muss es gleich sein, sonst ist sie weg oder kleiner oder größer - wie bei dem Bild "Auf der Dunkelung". Ich kann nicht komplizierte Skizzen machen oder lange das Zusammenspiel der Farben planen. Komme ich ein paar Tage zu spät, sind die Blüten verwelkt, die Früchte von Vögeln aufgefressen. In den Stunden, in denen ein "Bild" entsteht, bin ich ganz bei mir. Spüre den Wind, rieche den Waldboden, höre das Summen der Fliegen; ich schwitze oder friere und bin ausgeglichen, wie sonst selten bei einer Arbeit. Und ich tue es nicht, um etwas Bleibendes zu hinterlassen. Manchmal arbeite ich an sehr versteckten Stellen, so dass wahrscheinlich nicht einmal ein Spaziergänger das Bild entdeckt. Nur ich weiß, dass dort etwas liegt, steht oder hängt - ich gehe einige Tage später noch einmal hin und erlebe etwas anderes, etwas Verwandeltes. Das ist mein Werk und ist es auch nicht. Es ist eine Meditation und eine Übung im Loslassen. Kein Kunsthistoriker wird sich jemals der Restauration meiner "Pilzzeit" annehmen; das Bild "Du hast mich nicht mitgenommen" gibt es schon seit Jahren nicht mehr und nur ich weiß, wo einst für ein paar Stunden Kletten, Sauerampfer und Wegwarte das darstellten, was ich in diesem Moment war. Die Fotos helfen mir, mich zu erinnern. Was lösen sie in einem Betrachter aus, der durch die Ausstellung geht?
Ich werde dich demnächst über den Zeitrahmen informieren, in dem die Fotos der vergänglichen Kunst im Senftenberger Rathaus zu sehen sein werden. Vielleicht treffe ich dich, werter Blogleser, bei der Eröffnung und wir kommen vor "Alles hat seine Zeit" ins Gespräch - über Vergänglichkeit oder Wandlung oder etwas ganz anderes.
JA
Auf der Dunkelung