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„Verfolgt,
unvollendet, ausradiert“ - Artikelüberschrift 30.09.2021 zur
Ausstellung „Vergessene Bauhaus-Frauen“ im Bauhaus-Museum Weimar
27.
JANUAR
Tag des Gedenkens an die Opfer des
Nationalsozialismus
HIER
mehr erfahren über die Hintergründe zum Gedenktag
Friedl
Dicker
1919–1923 Studierende am
Bauhaus Weimar
1916 eröffnete der spätere Bauhausmeister
Johannes Itten in Wien seine eigene Kunstschule. Bis 1919 studierte
Friedl Dicker hier gemeinsam mit Anni Wottitz – einer Freundin, die
sie 1917 in Wien kennenlernte und mit der sie Buchbindeaufträge
ausführte. 1918 schloss Dicker an Ittens Schule Bekanntschaft mit
Franz Singer, der zu diesem Zeitpunkt Architektur studierte. Als
Johannes Itten 1919 seine Schule schloss und als Meister ans Bauhaus
in Weimar zog, gingen auch Dicker, Wottitz und Singer sowie eine
Vielzahl seiner „Jünger“ mit ihm.
Am Bauhaus fand Friedl
Dicker Gleichgesinnte, die ihre kindliche Neugierde und ihre Fragen
nach der Funktion der Dinge, teilten. Für das alltägliche Leben
schuf Dicker mit ihren Freundinnen Anni Wottitz und Margit Téry-Adler
Buchbinderarbeiten in der privaten Werkstatt von Otto Dorfner. Für
einen Jahrmarkt in Weimar fertigte sie Marionetten, die von Kindern
vor Staunen umringt, aber unverkäuflich waren. Mit diesem Jahrmarkt
steigt die Nachfrage nach Textilien aus dem Bauhaus rapide an; Walter
Gropius organisierte die Lieferung von Maschinen und Stoffen – die
professionalisierte Produktion unter Leitung von Georg Muche konnte
beginnen. Mit dabei war Friedl Dicker.
[…] Im Herbst 1944
wurden 5.000 Männer – darunter Pavel Brandeis – „zum Bau eines
neuen Lagers“ abtransportiert. Auch dieses Mal bestand Friedl
Brandeis darauf, bei ihrem Mann zu bleiben; sie ließ sich als
Freiwillige auf die Liste des nächsten Transports setzen. Am 8.
Oktober erreichte ihr Zug Auschwitz. Kurz vor ihrer Abreise packte
Brandeis einen Koffer mit den Kinderzeichnungen; Willy Groag
versteckte ihn auf dem Dachboden und brachte ihn im August 1945 nach
Prag zur Jüdischen Gemeinde.
Pavel Brandeis überlebte das
Konzentrationslager. Friedl Brandeis starb einen Tag nach ihrer
Ankunft am 9. Oktober 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau.
Textquelle:
https://bauhauskooperation.de/wissen/das-bauhaus/koepfe/biografien/biografie-detail/person-Dicker-Friedl-241
Otti
Berger
(1898 – 1944) war eine der
bedeutendsten Textilgestalter*innen des 20. Jahrhunderts. Geboren in
Zmajevac, im damaligen ungarischen Königreich Kroatien, studierte
sie von 1921 – 1926 in Zagreb, ab 1927 am Bauhaus in Dessau. Nach
ihrer Lehrtätigkeit am Bauhaus machte sie sich 1932 in Berlin
selbstständig und entwarf europaweit Stoffkollektionen für den
modernen Innenraum. 1936 wurde sie als Jüdin mit Berufsverbot
belegt, Fluchtversuche nach England und in die USA scheiterten. Sie
wurde 1944 aus Kroatien nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Textquelle:
https://www.hatjecantz.de/products/64980-otti-berger
Gertrud
Kolmar
Gertrud Kolmar, geboren am
10.12.1894 in Berlin, war die Tochter eines jüdischen
Rechtsanwaltes. Sie war als Erzieherin in einem Kindergarten tätig,
lernte Russisch und absolvierte 1915/16 ein Seminar für
Sprachlehrerinnen in Berlin mit einem Diplom für Englisch und
Französisch. Zu dieser Zeit hatte sie eine Liebesbeziehung mit einem
Offizier, die mit der Abtreibung des gemeinsamen Kindes und der
Trennung endete. 1917 erschien ihr erster Gedichtband unter dem
Pseudonym Gertrud Kolmar.
[…] Ihr dritter Gedichtband „Die
Frau und die Tiere“, der im August 1938 noch in einem jüdischen
Verlag erscheinen durfte, wurde nach der Reichspogromnacht vom 9.
November 1938 eingestampft. Die Familie Chodziesner wurde im November
1938 zum Verkauf ihres Hauses in Finkenkrug und zum Umzug in eine
Etagenwohnung in einem „Judenhaus“ in Berlin-Schöneberg
gezwungen. Von Juli 1941 an musste Gertrud Kolmar Zwangsarbeit in der
Rüstungsindustrie leisten. Ihr Vater wurde im September 1942 in das
Ghetto Theresienstadt deportiert und starb dort im Februar 1943.
Gertrud Kolmar wurde am 27. Februar 1943 im Verlauf der Fabrikaktion
verhaftet und am 2. März 1943 im 32. sogenannten Osttransport des
RSHA ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Von den etwa 1500
Berliner Juden, die in diesem Zug am 3. März 1943 in Auschwitz
ankamen, wurden nach der Selektion an der 'Alten Rampe' 535 Männer
und 145 Frauen als „arbeitsfähige“ Häftlinge registriert und in
das Lager eingewiesen. Die übrigen etwa 820 Deportierten dieses
Zuges, darunter Gertrud Kolmar, wurden nicht als Häftlinge
registriert und vermutlich sofort nach der Ankunft in der Gaskammer
ermordet. So ist der Tag ihres Todes nicht genauer zu bestimmen als
anfang März 1943.
Textquelle:
https://www.deutschelyrik.de/kolmar.html
Paula
Straus
(1894-1943) gehört zu den
glücklichen Frauen ihrer Zeit, die einen künstlerischen Beruf
professionell, an einer Fachschule (Schwäbisch Gmünd, Stuttgart)
erlernen dürfen und mit ihren Werken Geld verdienen. 1921 wird sie
Goldschmiedemeisterin – eine der wenigen Frauen, die das
Meisterfach erreichen. Sie hat Glück, denn sie ist in der
Königlichen Residenzstadt Stuttgart geboren, die damals das Zentrum
des modernen Kunsthandwerks in Deutschland ist.
[…] Sie erwirbt
ein kleines Häuschen auf der Schwäbische Alb und eines in
Stuttgart. Aber wie viele ihrer jüdischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger, wird sie 1933 erst gekündigt, dann enteignet, dann
erhält sie Berufsverbot, und am Ende folgt der Transport und die
Ermordung in Auschwitz.
Textquelle:
https://www.stadtpalais-stuttgart.de/ausstellungen/paula-straus
Elfriede
Lohse-Wächtler
(Dresden 1899–1940
Pirna) zählt zu den wichtigen künstlerischen Stimmen des frühen
20. Jahrhunderts. Ihre dynamische, von Empathie getragene Bildsprache
ist in der Kunst der Neuen Sachlichkeit ohne Vergleich.
[…]
Elfriede Lohse-Wächtlers Geschichte der Selbstermächtigung endet
mit Zwangshospitalisierung und staatlich legitimierter Auslöschung:
1940 wird sie im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmorde
(»Aktion T4«) getötet.
Textquelle:
https://www.barlach-haus.de/ausstellung/elfriede-lohse-waechtler/
Selma
Meerbaum-Eisinger
Selma
Meerbaum-Eisinger wurde am 15.8.1924 als Tochter des Ladenbesitzers
Max Meerbaum in Czernowitz geboren. Schon sehr früh las sie Gedichte
von Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke, Klabund, Paul Verlaine und
Rabindranath Tagore, Dichter, deren Einfluss auf ihre eigene
beklemmend reife Lyrik, zu der ihr in ihrem kurzen Leben die Zeit
blieb, spürbar wird. Ab 1939 begann sie, eigene Gedichte zu
schreiben und aus dem Französischen, Rumänischen und Jiddischen zu
übersetzen. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen im Juli 1941 wurde
die Familie Eisinger gezwungen, im Ghetto der Stadt Czernowitz zu
leben. 1942 wurde die Familie (wie Paul Celans Eltern und alle
anderen Juden in Czernowitz) von den Rumänen in das rumänische
Arbeitslager Michailowka in Transnistrien (Ukraine) deportiert. Dort
starb Selma Meerbaum-Eisinger am 16.12.1942 an
Flecktyphus.
Textquelle:
https://www.deutschelyrik.de/meerbaum-eisinger.html